Nachbarschafts-TV im Dietzenbacher Spessartviertel

Kategorie

– Jugendmedienarbeit interkulturell und gemeinwesenorientiert


(Manuskript zur Projektvorstellung bei der Jahrestagung Stadtteilarbeit 2002 "Neue Medien in der Stadtteilarbeit", 04.-06.09.2002 im Stadtteilzentrum KroKuS, Hannover)

Kontakt:

Nachbarschafts- TV, Mespelbrunner Weg 2-4, 63128 Dietzenbach, Tel. 06074/815409, Fax 06074/ 835980, eMail: roehner@dietzenbach.de

, Projekt-Homepage: http://www.dietzenbach.de/nachbarschafts_tv


Inhaltsverzeichnis


1. Medienkompetenz: Warum und für wen?

Warum eigentlich Jugendmedienarbeit, heute, in einer Zeit der knappen finanziellen Ressourcen einer Stadtverwaltung? Jedes Jahr steht diese Frage neu auf dem Prüfstand der Haushaltsberatungen. Und wozu ein Nachbarschafts-TV im Spessartviertel, wo es fast ausschließlich von Ausländern gesehen wird und alle anderen in der Stadt können es nicht empfangen. Darf man sich einen solchen "Luxus" leisten? Sind diese finanziellen Mittel zu rechtfertigen? Um es vorweg zu nehmen – je länger ich diese Arbeit mache, desto entschiedener trete ich dafür ein. Und der im Februar 2002 vorgelegte 11. Kinder- und Jugendhilfebericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt mir Recht. Ich zitiere:

  • "In den letzten Jahren hat die Öffentlichkeit in Deutschland zunehmend realisiert, dass sich ein tiefgreifender sozio-kultureller Wandel vollzieht, der die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen erheblich beeinflusst. Verändert haben sich die alltäglichen sprachlichen Praktiken und "kulturellen Praxen" (vgl. Willis 1991), an denen Kinder und Jugendliche Anteil haben. Dabei sind sie mit einer rasanten Entwicklung der Medienwelt konfrontiert, die einerseits auf ihr Aufwachsen immer größeren Einfluss nimmt, andererseits Ihnen mehr Möglichkeiten der Information und Kommunikation, der aktiven Gestaltung ihrer eigenen Welt eröffnet als den Generationen vor ihnen.".....
  • "Der Umgang mit Medien in all ihrer Vielfalt ist für Kinder und Jugendliche zur Alltäglichkeit geworden....."
  • "Ein ausgeprägt selbstbestimmter Umgang mit massenmedialen Angeboten sowie die Entfaltung kreativen Potenzials setzen jedoch eine solide Medienkompetenz voraus. Dass Kinder und Jugendliche – ungeachtet des ökonomischen und kulturellen Kapitals ihrer Familie – eine Chance erhalten, solche Kompetenz zu erlangen, liegt in öffentlicher Verantwortung..." "Darüber hinaus ist es Aufgabe der Institutionen, dafür zu sorgen, dass auch diejenigen Erfahrungen mit Medien und neuen Technologien sammeln können, die aufgrund ihrer Lebenslage ohne institutionelle Unterstützung nur eingeschränkt an dieser Erfahrungswelt teilhaben können. Dazu gehören Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem ökonomischen und kulturellen Kapital, aus zugewandeten Familien – und nach wie vor Mädchen. ..."
  • " Die Medienprojekte der Kinder- und Jugendarbeit stellen insofern nicht nur ein Freizeitangebot, sondern auch eine Erweiterung der Selbstbildungsprozesse durch Medienbildung dar, indem hierbei auch die Kompetenzaneignung gefördert wird.... "
  • "Der Kinder- und Jugend(medien)schutz ist eine Aufgabe der öffentlichen Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen – und nicht primär eine Frage der Moral"...


2. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Die Symptome der aktuellen ökonomischen Krise, wie eine dramatische Armutsentwicklung und eine zunehmende soziale und sozialräumliche Polarisierung, führen vor allem in den in den 70er Jahren errichteten Großwohnanlagen zu einer Differenzierung der verschiedenen sozialen und kulturellen Milieus.
Als Milieus bezeichnet die Soziologie unorganisierte Gruppen von Menschen mit relativ ähnlicher Sicht auf die Welt, mit relativ ähnlichen Erfahrungen und Erwartungen, ähnlichen Werthaltungen, ähnlicher Persönlichkeit, ähnlichem alltagsästhetischem Lebensstil, kurz: ähnlichem Habitus.
Die einzelnen Milieus verfügen über unterschiedliche  Einkommens-, Einfluss- und Erfahrungschancen , woraus sich eine wachsende soziale Ungleichheit ergibt. Da die Verluste an Handlungschancen erheblich sind, deren kurzfristiger Wiedergewinn aber nicht in Aussicht steht, müssen die Betroffenen von einer allgemeinen Verringerung ihrer Lebenschancen ausgehen.
In einigen benachteiligten Wohngebieten wohnen überwiegend die unterschiedlichen Verlierergruppen der aktuellen Modernisierung der deutschen Gesellschaft: Arbeitslose der verschiedenen Alters-, Berufs- und Bildungsgruppen, Ausländer der verschiedenen Nationalitäten und Kulturkreise, alte Menschen und Alleinerziehende.
Mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes erleben diese Menschen die Entwertung ihrer beruflichen Qualifikation; Ausländer verlieren mit dem Arbeitsplatz zugleich die Perspektive einer erfolgreichen Integration in die deutsche Gesellschaft; diese Gruppen verlieren nach und nach ein gewohntes Angebot an öffentlichen Gütern und können sich mit ihrem reduzierten Einkommen private Güter und Dienste immer weniger leisten.
Ihr Verlust lässt sich beschreiben als ein Verlust an Einkommens- , Einfluss- und Erfahrungschancen, kurz: als Verlust von Handlungschancen. Und weil ihre relativen Verluste an Handlungschancen aktuell erheblich sind, ein Wiedergewinn aber nicht in Aussicht steht, müssen die Betroffenen von einer allgemeinen Verringerung ihrer Lebenschancen ausgehen. Das wiegt um so schwerer, als sich die Handlungschancen der weiterhin Beschäftigten durch die laufende Umstrukturierung erheblich verbessern.


3. Beschreibung des östlichen Spessartviertels

Dietzenbach ist eine Stadt mit ca. 33.000 Einwohnern in der Peripherie von Frankfurt a. M.
Das östliche Spessartviertel in Dietzenbach ist eine dieser Großwohnanlagen, in der vorwiegend die Verlierergruppen der gesellschaftlichen Modernisierung leben. Sie wurde fertiggestellt im Jahr 1974 und umfasst 5 Wohnblöcke mit bis zu 17 Stockwerken und 1017 Wohnungen. Hier leben mit Stichtag 30.6.99 3281 BewohnerInnen.
 83,5 % davon sind Nichtdeutsche. Durch die Konzentration so vieler Menschen auf kleinstem Raum, deren nationale Vielfalt, verbunden mit den Auswirkungen der sozialen und psychischen Lebenssituation von MigrantInnen, wurde diese Wohnanlage zum sozialen Ghetto in der Kleinstadt.
Die Wohnanlage erfüllt mit ihrer Baustruktur, dem Wohnumfeld und der BewohnerInnenstruktur alle Merkmale eines sozialen Brennpunktes und wir finden hier eine Vielzahl von ausgrenzenden Wohnformen und Lebensbedingungen.
Hier lebten zum Stichtag 30.6.99 857 Kinder bis 13 Jahren, und 230 Jugendliche im Alter von 14-17 Jahren. Rund 30 % der Gesamteinwohnerzahl der Wohnanlage sind somit Kinder und Jugendliche.
Die türkische und marokkanische Bevölkerungsgruppe sind die stärksten, insgesamt sind hier aber Menschen aus mehr als 50 verschiedenen Nationen vertreten. Die Wohnungen sind für die vielen Großfamilien kaum geeignet. Sie sind viel zu klein und schlecht geschnitten, mit gefangenen Räumen und kaum funktionierenden Versorgungseinrichtungen (Leitungsnetz, Aufzüge und Müllschluckeranlage).
Ein Großteil der Sozialhilfezahlungen fließt in die Wohnanlage und viele - vor allem junge Menschen - sind arbeitslos.
Es gibt z.Zt. in der Wohnanlage selbst keine nutzbaren Gemeinschaftsräume. Die Pläne der Hausverwaltung, einige Kellerräume für Jugendliche nutzbar zu machen, ist durch gerichtliche Verfügung von Eigentümern verhindert worden. Z.Zt. werden die Außenanlagen der Wohnanlage neu gestaltet um für Kinder , Jugendliche und Erwachsene geeignete Aufenthaltsorte und Spielplätze zu schaffen.
Grundlegende Veränderungen der Baustruktur und des Wohnumfeldes wurden in den vergangenen Jahren durch die besondere juristische Konstruktion der Eigentumsverhältnisse verhindert. Die Wohnanlage wurde im Bauherrenmodell d.h. als Steuerabschreibungsobjekt errichtet, verbunden mit dem Erbbaurecht an Grund und Boden. Erst nach der 10-jährigen Bindungsfrist konnten EigentümerInnen ihre Wohnungen selbst beziehen und seit dieser Zeit kaufen sich zunehmend nichtdeutsche, selbstnutzende Eigentümer bei einem Kaufpreis von z.Zt. unter 310 € pro m² ein, in der Hoffnung auf dauerhaften, preisgünstigen Wohnraum. Eine Hoffnung die unrealistisch ist, denn die Nebenkosten liegen derzeit bei ca. 4,90 € pro m² plus Sonderumlagen für die Instandhaltung. Die hohen Nebenkosten sind im wesentlichen auf die ständigen mutwilligen Zerstörungen an und um die Wohnanlage zurückzuführen. Dieser Sachverhalt ist ein deutlicher Indikator für die unzureichende Integration und Identifikation der Bewohnerschaft in und mit der Wohnanlage. Vor 3 Jahren noch lagen sie bei 11,20 DM. Die Nebenkosten in der Wohnanlage konnten im Zusammenhang mit den Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des Förderprogrammes "Soziale Stadt" etwas reduziert werden. Ein weiterer Indikator für die unzureichende Integration sind die seit mehreren Jahren rückläufigen BewohnerInnenzahlen. Noch 1996 wohnten hier ca. 4100 gemeldete BewohnerInnen
Am Problem der relativen Armut hat sich, trotz Wohnungsbesitz, nichts verändert. Neben den laufenden Kosten gibt es in der Wohnanlage einen Sanierungsbedarf in mehrfacher Millionenhöhe.
Gleichzeitig läuft das Immobiliengeschäft in der Wohnanlage ungebrochen und es ist davon auszugehen, dass die Wohnanlage immer noch dazu taugt, Geschäfte zu machen und Steuern abzuschreiben, das Wohnen darin aber immer unerträglicher wird.
In dem kinderreichen weiterhin wachsenden Stadtteil besteht seit Jahren ein hoher Bedarf an Infrastrukturversorgung, der seit Jahren vernachlässigt wird. Dieser Bedarf wächst mit zunehmender Bevölkerungsdichte, ohne dass in anderen Stadtgebieten ein Rückgang erwartet werden kann.
Das östliche Spessartviertel ist nicht nur für EigentümerInnen und BewohnerInnen ein Problem, sondern auch für die Menschen in der ganzen Stadt, denn das das Image von Dietzenbach ist über die Stadtgrenzen hinaus mit der Wohnanlage verbunden, als dem größten und bekanntesten sozialen Brennpunkt in der Region.
Am 13.9.99 wurde in der Wohnanlage mit der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes begonnen, das die Absicht verfolgt, die Wohn- und Lebensbedingungen in der Wohnanlage grundlegend und nachhaltig so zu verbessern, dass eine städtebauliche, ökonomische und soziale Stabilisierung des Quartiers erreicht wird. Diese Sanierung wird gefördert im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" aus dem auch Nachbarschafts-TV eine Förderung erfährt. Dieses Thema möchte ich hier nicht vertiefen, sondern jetzt Nachbarschafts-TV vorzustellen.


4. Das Projekt

Geboren wurde die Idee des Nachbarschafts-TV von Mitgliedern der Interessengemeinschaft Selbstnutzende Eigentümer, einem Zusammenschluss von Eigentümern der Wohnanlage, die ihre Wohnung selbst bewohnen und mit denen wir im Bewohnerzentrum seit Jahren zusammenarbeiten.
 Ursprünglich war daran gedacht, mit Hilfe des Mediums "Fernsehen" Informationen über die duale Müllentsorgung mehrsprachig direkt in die Wohnzimmer zu senden, um der chronischen Verschmutzung des Wohnumfeldes entgegenzuwirken und damit das Image der Wohnanlage zu verbessern. Das Medium Fernsehen zu nutzen entstand aus der Erfahrung, dass Printmedien hier weitgehend sinnlos sind, weil viele Menschen kaum oder nur sehr schlecht Deutsch sprechen und lesen können. Die Fernseher in der Wohnanlage dagegen laufen fast rund um die Uhr.
In Zusammenarbeit und auf Kosten der Kabelbetreiberin der Wohnanlage, der Firma AKF, wurden die technischen Voraussetzungen für das Einspeisen von Sendungen in das Kabelnetz der Wohnanlage geschaffen.
Die Umsetzung der Idee endete zunächst an diesem Punkt, weil für die Realisierung des Projektes keine finanziellen Mittel verfügbar waren.
Im Frühjahr 1996 beauftragte der Umlandverband Frankfurt eine Werbeagentur mit der Erstellung eines Konzeptes zur Umsetzung der Aktion "Abfall ist kein Müll 1997" in einem Sozialen Brennpunkt. Die Idee das Nachbarschaft TV für diese Aktion umzusetzen fand großen Anklang und eine Arbeitsgruppe aus SozialarbeiterInnen, MitarbeiterInnen von Umlandverband und Agentur, Mitarbeitern des Umweltamtes der Stadt Dietzenbach, Bewohnern, Ausländerbeirat und sogar Jugendlichen erarbeiteten ein Konzept für einen Fernsehkanal, den ich Ihnen im folgenden erläutern werde:
Nachbarschafts-TV war ursprünglich ein gemeinsames Pilotprojekt des Umlandverbandes und der Stadt Dietzenbach. Beide gaben finanzielle und personelle Unterstützung:

  • Mitarbeiter (SozialarbeiterInnen, Kommunikations- und Filmfachleute)
  • Ausbildungsmaßnahmen für Mitmacher
  • Technische Ausrüstung (Kamera, Technik, digitaler Schnittplatz)
  • Redaktionswohnung in der Wohnanlage
  • Wohnungseinrichtung, Telefon- Strom- und Wasserversorgung

1998 steigt der Umlandverband aus der Förderung für Nachbarschafts-TV aus und das Projekt geht über in die alleinige Trägerschaft der Stadt Dietzenbach.
Bis 2000 erhielt das Projekt finanzielle Unterstützung durch die Landesanstalt für privaten Rundfunk in Höhe von 5000,--DM
Seit 2001 wird Nachbarschafts-TV durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung im Rahmen des Förderprogramms "Soziale Stadt" und das Hessische Sozialministerium mit jeweils 15.000 € gefördert. Die Förderzusage gilt voraussichtlich noch bis Ende 2003.

Die Zielvorstellungen verbunden mit dem Nachbarschafts-TV sind:

  • Das Wohnumfeld in der Wohnanlage, insbesondere die Müllentsorgung zu verbessern
  • Die Kommunikation der Menschen untereinander und mit den beratenden/ helfenden Einrichtungen vor Ort zu verbessern
  • Das Image der Wohnanlage zu verbessern
  • Solidarität innerhalb und mit der Wohnanlage stärken
  • Soziale Spannungen und die Anonymität in der Wohnanlage entschärfen
  • Förderung des Jugendmedienschutzes durch aktive Medienarbeit mit Jugendlichen in einem benachteiligten Wohngebiet

Nachbarschafts-TV setzt an einer Verbesserung der Einfluss- und Handlungschancen für die Bewohnerschaft an. Es bezieht sich auf einen Teilaspekt  wohngebietsbezogener Integration - der Versorgung mit Informationen und der Herstellung von Kommunikation als Voraussetzungen für Kooperation und Partizipation.
Im Rahmen der "Sozialen Stadt" begleitet die medienpädagogische Arbeit des Projektes den Sanierungsprozess in der Wohnanlage
Nachbarschafts-TV bietet einerseits die Möglichkeit, die Bewohnerinnen und Bewohner mehrsprachig mit für sie wichtigen Informationen zu versorgen, andererseits können die Bewohnerschaft selbst das Medium zur Darstellung ihrer Probleme und Bedürfnissen nutzen.
Besonders die nichtdeutschen Frauen, die traditionell stärker an die Wohnung gebunden sind, erreicht das Nachbarschafts-TV mit für sie notwendigen Informationen direkt in den Wohnzimmern. Denn je länger die Frauen in Deutschland sind, sind sie in immer stärkerem Maß gefordert, sich um die Belange der Familie, vor allem der Kinder, zu kümmern. Sie gehen allein zum Arzt, zum Einkaufen, zum Elternabend in die Schule und den Kindergarten, zu Behörden usw. Zweifellos unterstützt dieses Medium den Prozess der Integration in die deutsche Gesellschaft.
Die Bewohnerinnen und Bewohner können sich aber auch selbst im Nachbarschafts-TV zu Problemen äußern. Eine ältere türkische Frau beschwerte sich z.B. anlässlich eines Interviews über all das, was sie in der Wohnanlage störte. Andere äußern ihre Vorschläge und ihre Kritik zu und an den Maßnahmen der Sanierung. Die Kinder beschweren sich über den Müll in der Wohnanlage und über die "Penner" am Kiosk in der Nähe. Die D-Town Breaker freuen sich über Ihre Auftritte im eigenen Fernsehsender usw.
Integrierende Funktion hat das Nachbarschafts-TV vor allem für die Macher - Jugendliche aus dem Wohngebiet und auch aus anderen Stadtgebieten - die in ihrer Freizeit Filmaufnahmen machten und die Beiträge weiterbearbeiteten.
Nachbarschafts-TV war a priori nicht als interkulturelles Jugendarbeitsprojekt konzipiert. Faktisch sind es aber die Jugendlichen, die die Möglichkeiten des Mediums nutzen und sich an der Produktion von Filmbeiträgen beteiligten. Sie tun dies, obwohl viele Themen, die Nachbarschafts-TV bearbeitet hat, nicht a priori ihre sind. Sie nutzen Nachbarschafts-TV als einen ihrer Treffpunkte, nehmen an Video-Workshops, Videofreizeiten und Veranstaltungen teil.
Für die Jugendlichen bedeutet die Mitarbeit im Projekt den Erwerb von ganz vielen Fertigkeiten und Techniken, sie schärft ihren Blick und ihre Kritikfähigkeit für die Probleme in der Stadt, sie eröffnet ihnen und ihren Freunden und jugendlichen Showgästen eine Plattform für ihre Selbstpräsentation mit einem deutlichen Schub für ihr Selbstbewusstsein und ihre sprachlichen Kompetenzen und nicht zuletzt erwerben sie wichtige Fähigkeiten für ihre späteren Weg in Arbeit und Beruf. Die produzierten Sendungen werden auch im Offenen Kanal gesendet, der im Rhein-Main-Gebiet ca. 320.000 Wohneinheiten erreicht. Damit trägt Nachbarschafts-TV auch dazu bei, das Image des Spessartviertels und damit der Stadt, in der Region zu verbessern.
Im Bildschirmrolltext sind dazu - grafisch ansprechend gestaltet - Ausbildungsplätze für Jugendliche, Informationen der Vereine, des Bürgerhauses, Angebote von Jugendeinrichtungen und Beratungsstellen etc. rund um die Uhr auf Kanal 40 im Fernsehprogramm verfügbar.
Damit bietet Nachbarschafts-TV benachteiligten Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationshintergrund den Erwerb von multimedialer Kompetenz und damit etwas, was im 11. Kinder- und Jugendhilfebericht als im allgemeinen als defizitär dargestellt wurde.


5. Nachbarschafts-TV als Selbsthilfeprojekt?

Die Macher des Nachbarschafts-TV sollten ursprünglich die Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnanlage sein. Neben Zeit und Interesse an der Materie setzte das allerdings voraus, dass sie sich mit der Technik und den Abläufen im Fernsehen auskennen und in der Lage sind, die für einen Sendebeitrag notwendigen Schritte selbständig zu unternehmen.
Lange Vorlaufzeiten und mühsames Ausprobieren von möglicherweise falschen Arbeitsmethoden würden den Spaß an der Sache aber schnell zum Erliegen bringen. Es musste auch schon wegen der "Konkurrenz" mit anderen Fernsehsendern ein Mindestmaß an Professionalität gewahrt werden. Schließlich sollten die ZuschauerInnen von Nachbarschaft TV nicht wegen wackliger Bilder und unverständlicher Töne auf ein anderes Programm umschalten.
Aus diesen Gründen sind für den Betrieb eines solchen Senders professionelle MitarbeiterInnen notwendig, die gleichzeitig die Filmteams schulen.
Dabei mussten wir selbstkritisch erkennen, dass - so simpel wie der Gedanke - die Bewohner durch das Fernsehen zu informieren - auch ist, ganz so einfach ist es aber doch nicht zu realisieren.
Fernsehen zu machen erfordert neben dem finanziellen und technischen Aufwand, viele beteiligte Macher mit guten technischen, gestalterischen, ästhetischen Qualifikationen und viel Zeit. Der Personenkreis, mit dem wir es in der Wohnanlage zu tun haben verfügt im allgemeinen nicht über solche Qualifikationen. Hinsichtlich Aufwand, Zeit, Kompetenz und Umfang der Qualifikationsvermittlung bestehen darüber hinaus deutliche Unterschiede zwischen einer einzelnen Videoproduktion einer Gruppe von Jugendlichen anlässlich eines Videoworkshops und einer kontinuierlichen Produktion von Informationssendungen, im Rahmen eines geregelten Sendebetriebes.
Heute bin ich mir sicher, dass auf diesem Hintergrund der Anspruch "Nachbarschafts-TV als reines Selbsthilfeprojekt" eine Illusion war.


6. Akzeptanz

Die BewohnerInnen der Wohnanlage, die sich mehrheitlich seit Jahren mit ihren Sorgen und Nöten von deutschen Behörden und der Hausverwaltung allein gelassen fühlen und auf vielen Ebenen um die Sicherung des alltäglichen Lebens ringen, standen anfangs dem Projekt teils mit Anerkennung oder Gleichgültigkeit, durchaus aber auch mit Vorbehalten gegenüber. Offene Ablehnung, ja sogar Feindseligkeit, erfuhr das Projekt zu Beginn nur durch Mitglieder des marokkanischen Moscheevereins, die wegen ihrer kulturellen und religiösen Prägung gegen das Medium Fernsehen besonderes Misstrauen haben (Marokkanische Frauen z.B. dürfen nicht gefilmt werden, usw.)
Im Laufe der Zeit, konnten wir die Vorbehalte ausräumen. Ungeteilte Akzeptanz erfährt das Projekt durch die vorwiegend jugendlichen Mitmacher und diejenigen, die beruflich mit den Menschen im Viertel zu tun haben. Sie nutzen das Medium, um ihre Informationen "an die Frau resp. Mann" zu bringen und als eine weitere Möglichkeit, mit den als schwierig erlebten Menschen in Beziehung zu treten. Die Bereitschaft der BewohnerInnen, sich selbst im Nachbarschafts-TV z.B. durch Interviews zu äußern, waren anfangs noch eher die Ausnahme. In der Wohnanlage ist die soziale Kontrolle unter den Angehörigen der jeweiligen Ethnien immens und damit auch die Furcht zum öffentlichen Gespött zu werden. Die Informationen von "außen" d.h. durch soziale Einrichtungen und Organisationen, die mit der Wohnanlage befasst sind, überwogen.
Heute ist Nachbarschafts-TV in der Wohnanlage akzeptiert und anerkannt. Wenn die Teams mit der Kamera und dem Mikrofon unterwegs sind, gibt man bereitwillig Auskunft. Wenngleich Nachbarschafts-TV ein eher ungewöhnliches Projekt in der deutschen Medienlandschaft ist, ist es im Spessartviertel schon Normalität.


7. Mehrsprachigkeit

Schon sehr bald mussten wir erkennen, dass mehrsprachige Sendungen unseren personellen Rahmen völlig überfordern.
Mit der Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme "Existenzgründung als Übersetzer", deren Grundidee im Nachbarschafts-TV entwickelt und von der Stadtteilwerkstatt Spessartviertel realisiert wurde, versuchten wir die Voraussetzungen für mehrsprachige Sendungen erheblich zu verbessern. Es gibt auch die Bereitschaft Übersetzungen von Sendungen anzufertigen und im Studio aufzunehmen. Die Produktionsdauer dieser Sendungen wird dadurch aber so lange ausgedehnt, dass die Sendung nicht mehr aktuell ist. Aus diesem Grund haben wir den Anspruch der Mehrsprachigkeit bezogen auf unsere selbst produzierten Sendungen weitgehend aufgegeben. Die Kinder und Jugendlichen, unsere hauptsächlichen Mitmacher und Zuschauer, verstehen überdies alle Deutsch. Im Bildschirmrolltext, mit dem wir aktuelle Informationen rund um die Stadt senden, verwenden wir - soweit verfügbar - auch mehrsprachige Texte.


8. Verbreitung in der Wohnanlage und Resonanz

Nachbarschafts-TV erreicht z.Zt., nach Informationen der Firma AKF – Der Kabelbetreiberin -, ca. 1000 Wohnungen in der Wohnanlage und den angrenzenden Straßenzügen. Durch unsere Kontakte und Gespräche vor Ort erfahren wir vor allem von jungen Leuten Resonanz auf unsere Sendungen. In den Schulen werden unsere Sendungen immer kommentiert und der Wunsch nach mehr wird immer wieder an uns herangetragen.
Das Ziel, Erwachsene aus der Wohnanlage in die Produktion einzubeziehen, ist bis heute nur unzureichend gelungen. Dies kann viele Gründe haben z.B. dass Erwachsene vorwiegend damit beschäftigt sind, ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder Arbeit zu suchen - oder einem Hobby nachzugehen, was für erwachsene Menschen aus den hier vertretenen Kulturkreisen eher ungewöhnlich ist.
Es gibt einige Bewohner, die öfter mal hereinschauen und auch mal bei einer Produktion mitarbeiten oder eine Kleinanzeige für den Flohmarkt im Bildschirmrolltext aufgeben; zu einer kontinuierlichen Mitarbeit kam es aber bisher nicht.
Eltern waren schon bei unseren Live-Sendungen als Gäste dabei und besuchten den Sender, um zu sehen, wo ihre Kinder ihre Freizeit mit Videoarbeit verbringen. Unser Toningenieur wohnt ebenfalls in der Wohnanlage und er lernte uns auch über den Sender kennen.


9. Nachbarschafts-TV im Spiegel der Presse und der Stadtöffentlichkeit

Seit dem Bestehen hatte Nachbarschafts-TV eine sehr positive und intensive Presseberichterstattung. Diese Attraktivität gründete in dem innovativen Charakter des Projektes. Es ist

  • angesiedelt in einem benachteiligten Wohngebiet
  • niederschwellig
  • gemeinwesenorientiert
  • interkulturell
  • technikorientiert und
  • arbeitet mit I u K Medien.

 Es sind dies die zentralen Begriffe für zeitgemäße Projekte im Rahmen von moderner Stadtteilentwicklung.
Nachbarschafts-TV wird in der Öffentlichkeit außerhalb Dietzenbachs als einer der wenigen positiven Aspekte der Wohnsiedlung wahrgenommen. Immer  wieder kommen Fernsehteams zu uns, die uns mit unserer Arbeit so interessant finden, dass sie über uns berichten wollen. Zuletzt in einer 30-minütigen ZDF-Reportage mit dem Titel " Die Augen von Dietzenbach".
Die politisch Verantwortlichen in der Stadt und finden dies nicht immer so toll, weil dann natürlich auch das Spessartviertel mit seinen Problemen und Defiziten dargestellt wird, was man als dem Image der Stadt abträglich empfindet. Und oft genug ist die Fernsehberichterstattung über das Spessartviertel eher reißerisch und die positiven Sanierungsansätze und Projekte eher Aufhänger für die Präsentation des Spessartviertels und der Stadt als Hort von Drogen, Ausländerkriminalität, Müll, Gewalt und was es sonst noch alles an Feindbildern gibt, die man in der Presse gerne bedient, um hohe Einschaltquoten zu erzielen.
Diese widersprüchliche Wahrnehmung des Projektes zeigt sich auch in der städtischen Öffentlichkeit. Jedes Mal, wenn eine solche Berichterstattung die politischen Stammtische erschüttert, steht das Projekt auf dem Prüfstand. Da fragt man sich, ob es eines solchen Projektes überhaupt bedarf, ob es nicht Luxus ist , angesichts der Vielzahl von Problemen in der Stadt, die finanzielle Mittel benötigen. Noch dient Nachbarschafts-TV als Feigenblatt einer Sanierung, die Defizite im Bereich der Bewohnerbeteiligung aufweist. Wären da nicht die Fördermittel der Hess. Landesregierung, die das Projekt mit seinen kommunikativen Funktionen im Rahmen des Sanierungsprozesses ebenso wertschätzt, wie die Medien und die Jugendlichen, wäre das Projekt schon längst Geschichte.


10. Technische und personelle Ausstattung

Die technische Ausstattung des Nachbarschafts-TV ist ausreichend; Wir verfügen über 3 digitale Schnittplätze (Avio Casablanca und Draco, mehrere Hi 8 Kameras und 1 S-VHS Kamera, mehrere S-VHS – Videorecorder, Monitore, CD-Player, Sendestation, sonstiges Zubehör, 3PC’s für den Bildschirmrolltext und für die Audiobearbeitung, den Zugang zum Internet und die Verwaltung usw.) Im Laufe der Jahre wurde die technische Ausstattung, gemessen am technischen Komfort immer erschwinglicher. Unsere sächliche und technische Ausstattung repräsentiert einen Zeitwert von ca. 40.000 € . Im Laufe der Jahre haben wir uns einige Requisiten angeschafft und eine passable Studiokulisse.
Wenn es aber im Jahr 2004 mit Nachbarschafts-TV weitergehen soll – was absolut offen ist – ist ein Upgrade auf digitale Technik erforderlich.
Eher bescheiden bis unzureichend ist die personelle Ausstattung. Neben der Projektleiterin mit einer Vollzeitstelle, verfügt das Projekt über 3 HonorarmitarbeiterInnen mit jew. 32 bzw. 29 Monatsstunden. Was viel zu wenig ist; bedenkt man, wie aufwendig Video – und Audioschnitt im Allgemeinen sind.
Der Spagat zwischen Einarbeitung der Jugendlichen in die Herstellung von Videoproduktionen und andererseits, der Produktion von Sendebeiträgen in ausreichendem Umfang, war und ist - angesichts der unzureichenden Personalausstattung – oft nicht durchzuhalten.
Längst nicht alles , was interessant und wichtig wäre kann produziert werden, weil die Bearbeitung von Sendebeiträgen viel Zeit kostet. Nur im Jahr 2001 konnten wir den Anspruch des 14-tägige Programmwechsel mit professionell bearbeiteten Sendebeiträgen weitgehend realisieren.


11. Aufgabenverteilung im Projekt

A. Aufgaben der Projektleitung

Projektentwicklung

  • Projektkoordination
  • Aktualisierung und Pflege der technischen Ausstattung
  • Sicherstellung der Finanzen (Förderanträge und Berichte)
  • Allg. Verwaltungstätigkeiten
  • Organisation von Workshops, Aufnahmeterminen und Freizeitangeboten der Jugendlichen

Öffentlichkeitsarbeit

  • Flyer, Plakate, Infostände
  • Umfragen, Ausstellungen, Veranstaltungen
  • Homepage gestalten, Presseinformationen
  • Veröffentlichungen in Fachzeitschriften
  • Vorträge bei Fachtagungen
  • Projektpräsentation bei Veranstaltungen, in den politischen Gremien und bei Besuchern
  • Mitmacherwerbung

Kontakte

  • Offener Kanal, Vereinen, städtische Einrichtungen, Sanierungsakteuren, LAG-Soziale Brennpunkte usw.
  • europäischen Austausch organisieren

B. Aufgaben der HonorarmitarbeiterInnen

Produktion/ Videoarbeit

  • Schulung der Jugendlichen:
        Themenauswahl
        Storybord
        Kameraführung
        digitaler Videoschnitt
        Vertonung
        Effektbearbeitung
        Moderationen
  • regelmäßige Treffen mit den Jugendlichen (Redaktionskonferenz)
  • Produktion der Sendebeiträge bzw. des Monatsmagazins
  • Freizeitangebote für Jugendliche
  • Internetrecherchen der Jugendlichen betreuen
  • Herstellung des Bildschirmrolltextes


12. Finanzen

Nachbarschafts-TV verfügt im Jahr 2002 über einen Etat für Sachmittel und Honoraren von ca. 17.000 EUR. Dazu kommen die Kosten für die Wohnung und eine BAT 4 a –Stelle. Die zugesagten Fördermittel der beiden Ministerien betragen jährlich 30.000 EUR.


13. Perspektiven

13 .1 Sanierung im östl. Spessartviertel

Im Zusammenhang mit dem Sanierungsprozess hat Nachbarschaft TV eine Bedeutung für die Verbreitung von Informationen über den anstehenden Sanierungsprozess und für die Förderung von Partizipation der Bewohnerschaft. Mit Nachbarschafts-TV existiert hier im Sanierungsgebiet eine bundesweit einmalige Chance, die Bewohnerschaft kontinuierlich mit den erforderlichen Informationen zu versorgen und damit wichtige Voraussetzungen für die Akzeptanz des Sanierungsprozesses herzustellen.
Im Rahmen des Hessischen Projektnetzes Wohngebiets- und Stadtteilmanagement erfährt das Nachbarschafts-TV - als Modell für moderne Kommunikation und Informationsversorgung im Wohngebiet - eine hohe Aufmerksamkeit und man überlegt, auch an anderen Standorten neue Wege in der Kommunikation zu beschreiten. Solange der Sanierungsprozess in der jetzigen Form weiter geht, scheint der Bestand von Nachbarschafts-TV im jetzigen Umfang gesichert zu sein.

13.2 Nachbarschafts-TV als Stadtteil-/Stadtfernsehen

In den vergangenen Jahren haben wir uns darum bemüht, Nachbarschafts-TV für die gesamte Stadt bzw. auch für die Region verfügbar zu machen. Diese Bemühungen sind als gescheitert zu betrachten, denn wir haben keine Sendegenehmigung im analogen Kabel von IESY erhalten können. Hier blieb uns auch die Unterstützung der LPR versagt. Die Sendekanäle werden für kommerzielle Nutzer vorgehalten. Die Entwicklung des digitalen Fernsehens mit weit mehr Kanälen als im analogen Netz ist noch in den Kinderschuhen. Die Ausweitung der Senders auf den gesamten Stadtteil und perspektivisch sogar auf die ganze Stadt hätte folgende Vorteile gehabt:

  • Erweiterung des Zuschauerkreises
  • Erweiterung des Kreises der Mitmacher auf andere Bevölkerungsgruppen (z. B. Videogruppen der Schulen, private Videomacher)
  • Möglichkeiten für Vereins- bzw. Schulfernsehen
  • Besserer Informationsaustausch in der Stadt
  • Höhere Akzeptanz von Nachbarschafts-TV in der Stadt
  • Informations- und Veranstaltungskanal für die Stadt

Es bleibt die Hoffnung, dass mit der Digitalisierung des Netzes die Chancen für finanzierbare lokale u. regionale Fernsehsender besser stehen.
Der Offene Kanal Offenbach-Frankfurt ist in Dietzenbach nicht zu empfangen, so dass wir auch hier keine Plattform für unsere Sendungen in ganz Dietzenbach haben. Hätten wir eine solche Sendeplattform, wären die Aussichten auf den Fortbestand des Senders wesentlich besser als jetzt. Wahrscheinlich nicht als eigenem Sender, aber doch als medienpädagogisches Projekt.
Das EDV-Konzept der Stadtverwaltung beinhaltet die Schaffung der Voraussetzungen für die Sendung unseres Programms im Internet. Dies ist noch für dieses Jahr vorgesehen.

13.3 Was nun?

Gegenwärtig arbeiten wir an der qualitativen Entwicklung des Projekte und an der Vernetzung mit anderen Medienprojekten in der Region. Die gemeinsamen Videofreizeiten mit Frankfurter und Offenbacher Videogruppen waren sehr positiv und bereichernd. Sinnvoll ist ebenso die Beteiligung an der Jugendsendung "standby" im Offenen Kanal.


14. Fazit

Mein Fazit ist

  1. Nachbarschafts-TV halte ich für ein sinnvolles Projekt, für wohngebietsbezogenen Information und Integration.
  2. Jugendliche können in einem solchen Projekt wichtige Schlüsselqualifikationen sowie Kenntnisse im Umgang mit neuen Medien erwerben. Für Jugendliche aus diesem benachteiligten Wohngebiet ist das eine tolle Chance.
  3. Nachbarschafts-TV ausschließlich als soziales Selbsthilfeprojekt war und ist nicht lebensfähig. Für den Betrieb wird professionelles Personal benötigt
  4. Perspektivisch sollte für das Projekt ein anderer Träger z.B. ein Verein gegründet werden, um unabhängig von städtischer Politik und Haushaltslage Fördermittel beantragen und Sponsoren werben zu können.


15. Anhang

15.1 Begriffsdefinitionen

A. Gemeinwesenorientiert
GWA - Profil
Die Soziale Stadt - Kooperatives Stadtteilmanagement und Lokale Beschäftigung
Ziel, Aufgaben und Rolle der Gemeinwesenarbeit (GWA)

 

Statements

Ziele

  • aktive Teilhabe der BewohnerInnen, Erweiterung der individuellen und kollektiven Handlungsfähigkeit,
  • Aufbau der Selbstorganisation, Stärkung der Eigenverantwortung und Hilfe zur Selbsthilfe
  • sozialverträgliche Sanierung
  • Ausbau von Partnerschaften
  • Vernetzung der Akteure im Stadtteil
  • Schaffung eines ausreichenden Angebotes an lebenslageorientierter soziokultureller Infrastruktur
   
  • Aufgaben
  • niedrigschwellige Beratungsangebote, lebenslageorientierte Bildungs- und Beteiligungsangebote zum Aufbau selbsttragender und fortdauernder Beteiligungsstrukturen,
  • Vernetzung, Moderation und Erschließung von Ressourcen, Nachbarschaften entwickeln
  • Entwicklung von Umsetzungsalternativen und Projektideen
  • "Image-Werbung" Öffentlichkeitsarbeit
  • Rollenverständnis
  • anwaltliche Sozialplanung, Beratung u. Lobby
  • Seismograph und Vermittlung
  • Ideenentwicklung
  • Vernetzung
  • Organisationsstruktur
  • Orga-Struktur als "Spiegel" einer zielorientierten, handlungsleitenden, auf Bürgerbeteiligung ausgerichteten nachhaltigen Erneuerungspolitk,
  • Schaffung eines umfassenden und verbindenden Beteiligungsgremiums bzw. Aushandlungsgremiums (Beirat)
  • klare und verbindliche Kooperations- und Kommunikationsstrukturen (Entscheidung, Steuerung u. Koordination, Umsetzung auf den Ebenen Stadt/Stadtteil/Quartier) zur ressourcen- und querschnittsorientierten Problemlösung mit Staat-Privat und 3.System
  • Stadtteilbüro vor Ort mit Team zum Stadtteilmanagement

Hier liegt der Schwerpunkt der Gemeinwesenarbeit auf der Entwicklung der Wohn- und Lebensbedingungen der Bewohnerschaft eines Stadtteils und nicht auf einer Zielgruppenorientierung.
B. Interkulturell:

Wenn ich von interkultureller Arbeit spreche, meine ich damit zuerst Arbeit – fast ausschließlich - mit Nichtdeutschen aus bis zu 50 Nationen, die im Spessartviertel wohnen. Bei dieser Arbeit geht es darum, den hier lebenden Menschen Hilfestellungen anzubieten, damit sie in dieser Gesellschaft, die ihnen überwiegend ablehnend und mit rassistischen Vorurteilen begegnet, besser zurechtkommen. Bei Jugendlichen geht es insbesondere darum, ihnen Kenntnisse und Fertigkeiten für eine eigenständige, physische und psychische Existenz zu vermitteln. Es geht um die Stabilisierung ihres Selbstwertgefühls, das durch ihr Leben und ihre Erfahrungen in einen benachteiligten und hoch stigmatisierten Wohngebiet häufig sehr angeschlagen ist. Unsere Arbeit hat eher einen integrationistischen Charakter, weniger aus Leidenschaft, als unter dem Druck der Verhältnisse. Ein gleichberechtigtes, respektvolles, interkulturelles Miteinander von Deutschen und Nichtdeutschen – in der multikulturellen Gesellschaft - wie es idealtypisch als Ziel interkulturellen Lernens oft beschrieben wird, halte ich eh’ für eine Illusion, weil es dafür keine realen Anknüpfungspunkte in unserer Gesellschaft gibt. Zur Diskussion dieses Themas verweise ich auf eine sehr spannende sozialwissenschaftliche Veröffentlichung von Helmuth Schweitzer mit dem Titel "Der Mythos vom interkulturellen Lernen".

15.2 Aktivitäten von Nachbarschafts-TV im Jahr 2001/2002

Was

Wann

Wo

29.1.- 1.2.01

Infostände in der Wohnanlage

Eingangsbereiche der Wohnanlage

04.02.01

Premiere / 1. Livesendung

Studio Nachbarschafts-TV

24.02.01

Videoworkshop für Erwachsene

Studio Nachbarschafts-TV

04.03.01

Live-Sendung

Studio Nachbarschafts-TV

16.-18.3.01

Freizeit mit Jugendlichen

Neu-Anspach

18.03.01

Live-Sendung

Studio Nachbarschafts-TV

30.-31.3. 01

Internet Workshop

Internet Café

01.04.01

Livesendung

Studio Nachbarschafts-TV

28.04.01

Internet Workshop

Internet Café

18.- 27.5.01

Hessentag / Bühnenprogramm 9 Tage

Landesausstellung

18.05.01

Videoclip für HR / Vorstellung der Stadt

HR-Treff

23.05.01

Videoclip für HR / "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein"

Stadtgespräch/ HR Treff

22.7. – 2.8.01

Videofreizeit in der Slovakei

Polijanka

25.-27.8.01

Aufzeichnung einer Live-Sendung

Studio Nachbarschafts-TV

21.09.01

Nachtreffen der Freizeit / Slovakei

Studio Nachbarschafts-TV

23.09.01

Flughafenrundfahrt

Fraport

28.09.01

Die Website von Nachbarschafts-TV geht ins Netz

 

1.10.- 5.10.01

Videofreizeit

Wetzlar

06.10.01

Live-Sendung mit ZDF

Studio Nachbarschafts-TV

21.10.01

Auftakt der Integrationskampagne der Landesregierung

Paulskirche

09.- 11.11.01

Besuch bei den Hess. Jugendfilmtagen

Gallustheater Frankfurt

26.11.01

Ausstellung bei der Fachtagung des Sozialministeriums

Hessischer Landtag

02.12.01

ZDF: "Die Augen von Dietzenbach" eine Reportage über Nachbarschafts-TV (30 min)

ZDF

03.12.01

Ausstellung von Nachbarschafts-TV

Rathaus

06.12.01

Live-Sendung beim OK, Präsentation des Kurzspielfilmes "Reserved Death"

Offener Kanal

13.- 19.12.01

Projekt mit der Ernst-Reuter Schule  9.Kl. H, Videopräsentation von Praktikumsbetrieben

Betriebe,  Nachbarschafts-TV , Ernst-Reuter-Schule

Jan – April 2002

Das Projekt ist geschlossen. Fast alle Jugendlichen werden verprellt.

 

April 2002

"Heilfasten in Bad Wörishofen" eine Reportage

Studio Nachbarschafts-TV

Mai 2002

  • Dokumentation: "Nachbarschafts-TV am Hessentag 2001",
  • "realitiy dream" Film entstanden bei einer Videofreizeit in Wetzlar im Herbst 2001,
  • "Mehr als nur ein Loch "; Bericht über die Aufstellung der Schautafeln im Wohngebiet

Studio Nachbarschafts-TV

Juni 2002

Herstellung des Abi-Filmes der Heinrich-Mann-Schule
"Dietzebäscher Riwwelkuche"

Studio Nachbarschafts-TV

Juli 2002

Videoworkshop mit Kindern aus dem Spessartviertel (9-12- Jahre), Aufbau einer neuen Videogruppe

Studio Nachbarschafts-TV

August 2002

Beginn eines Projektes zur Stadtplanung "Stadt 2030" /  Filmaufnahmen und Schnitt
Zusammenarbeit mit einem freien Fernsehjournalisten für eine Dokumentation für ARTE

Studio Nachbarschafts-TV

15.3 Sendeliste 2001/2002

Datum

Zeit

Thema

Okt/Nov/00

ca. 30 min

Nachbarschafts-TV live & lite/ Oktober 2000

 

 

Expo

 

 

Kunstausstellung Heinrich Mann Schule

 

 

Der fliegende Koffer

 

 

D-Town-Breaker

 

 

Kino D

 

 

News mit Laura und Hamid

 

 

Abspann

 

ca. 60 min

Nachbarschafts-TV live & lite/ November 2000

 

 

N-TV vor Ort, die Planerinsel, Herr Hendel und Radio FFH,

 

 

Die Kinder, Der Müll

 

 

Discover the World

 

 

Die ZDF-Reportage

 

 

leb dein leben

 

 

Fahrrad sucht Müllcontainer

12/00

ca. 30 min

Nachbarschafts-TV live & lite/ Dezember 2000

 

 

aus alt wird neu

 

 

news

 

 

Kreishaus oder Kreissaal

 

 

"the decision" Leyla singt

 

 

Weihnachtsmarkt

 

 

Reparatur des Geländers

 

 

Parkdecks und Müll

 

 

D-Town-Breaker

01.01.2001

ca. 60 min

obats live 1/2001

 

 

Mixxen

 

 

Talk mit Jasmina

 

 

mein Home Video (Aji)

 

 

Flughafenausbau (Interviews)

 

 

Hessentagszeitung

04.02.2001

ca. 60 min

MAZ Premiere Nachbarschafts-TV live & lite

 

 

Renovierung des Studios

 

 

Kreishaus oder Kreissaal

 

 

Ehrung BWZ

 

 

Gerti unterwegs

 

 

Streetworker vorstellen

 

 

Bürgerversammlung "Sanierung oder Abriß"

 

 

Diskussion zum Glauben

01.04.2001

ca. 60 min

obats live 1.4.2001

 

 

Wird das Spessartviertel jemals sauber?

 

 

Mixxen

 

 

Badewannenquiz

 

 

Teufel ja/nein

01.08.2001

11,5 min

Alternative Jugendberatung v. Robby Wildgruber

21.08.2001

ca. 60 min

obats live Hessentagsausschnitte

 

 

Dietzenbach im Spiegel

 

 

Vorstellung von Nachbarschafts-TV

 

 

Eröffnung Hessentag

 

 

Destinys Child

 

 

Diskussion mit Fontaine

 

 

Cheerleader

 

 

Impressionen

 

 

Comedian Terrorists u.a.m.

04.09.2001

ca. 60 min

obats live Hessentagsausschnitte 2

 

 

Dietzenbach im Spiegel

 

 

Interview mit Herrn Seeger

 

 

Africans Ecowas Night

 

 

Hessentag aktuell HR am 21.5.01