Tauschringe, Regiogeld und Barter-Clubs

Gemeinsamkeiten und Unterschiede


Kontakt:

Muriel Herrmann, Regiogeld e.V., Gut Wienebüttel 1, 21339 Lüneburg, Tel.: 04131-684194. Email: muriel.herrmann@regiogeld.de


Gliederung:


1. Einleitung

In diesem Text geht es um eine Unterscheidung der Begrifflichkeiten Tauschring, Regiogeld und Barterclub. Bei allen handelt es sich um Komplementärwährungen, also einer Währung, die neben dem Euro existiert und genutzt wird.
Im Folgenden werde ich kurz auf die drei Verrechnungssysteme eingehen – mit jeweiliger Erklärung der Funktionsweise, der Ziele und der Bedeutung des Systeme in Deutschland.


2. Tauschringe

a) So funktioniert's

Tauschringe sind lokale Verrechnungssysteme, manchmal auch Tauschkreise genannt. Eine gemeinsame Werteinheit, meist das "Talent" macht den Austausch von Gütern und  Dienstleistungen unter den Mitgliedern verrechenbar. Um ein praktisches Bespiel zu nennen:
Daniela wird Mitglied in einem Tauschring, denn sie benötigt eine Homepage. Im Tauschring ist auch Martin, der als EDV-Profi anbietet, die Homepage zu machen. Martin sucht seinerseits ein Kinderfahrrad – und hat ebenfalls Glück, da das Tauschringmitglied Thomas noch ein Fahrrad im Keller stehen hat. Thomas Sohn ist sehr schlecht in Mathematik, so dass Thomas Nachhilfe für seinen Sohn bei Helga nachfragt. Helga hat gerade ein Baby bekommen und benötigt einen Babysitter. So kommt Daniela zum Zug, denn sie ist Kinderpflegerin.

Abbildung 1: Tauschvorgänge im Tauschring

Dies ist ein Idealbild eines Tauschrings, denn jede/r bekommt, was er/sie sucht und kann auch etwas anbieten, was nachgefragt wird. Es kommt natürlich auch vor, dass Einzelne etwas suchen, was niemand anbieten kann oder etwas anbieten, was niemand möchte. Bei vielen Tauschringen ist die Verrechnungseinheit an die Zeit gekoppelt – also eine Stunde Homepageerstellung gegen eine Stunde Babysitten – um zu erreichen, dass Arbeiten als gleichwertig angesehen werden.
Die Angebote und Gesuche müssen natürlich allen Tauschringmitgliedern bekannt gemacht werden – was in den Tauschringen teils über eine gedruckte Marktzeitung, teils übers Internet, teils über regelmäßige Treffen organisiert wird. Die Organisation der Tauschringe wird in den meisten Fällen von einem ehrenamtlichen Team getragen.

b) Ziele

Die Ziele von Tauschringen sind vielfältig, es gibt zwei Auflistungen von Zielen, die 1998 und 2000 von Tauschringen aufgestellt wurden. Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte: Zu den wichtigsten gehört die Förderung sozialer Kompetenz. Tauschringe verstehen sich als Mittel zur Selbsthilfe und Selbstverantwortung nach dem Motto "Jede/r hat Talente", also jede/r hat etwas anzubieten. Damit möchten Tauschringe die Eigenverantwortlichkeit stärken sowie Kommunikation zwischen den Mitgliedern anregen.
Die Bildung von solidarischen Gemeinschaften ist ebenfalls ein wichtiges Ziel. Dazu gehört die Bildung von Nachbarschaften und sozialen Netzen, die sich auch in Notzeiten gegenseitig helfen.
Das Ziel der Neubewertung und auch -verteilung von Arbeit drückt sich insbesondere dadurch aus, dass viele Tauschringe Zeit als ihren Wertmaßstab wählen. Dazu gehört die Anerkennung von sogenannter "Frauenarbeit", also die Hausarbeit, die Kindererziehung, etc..
Tauschringe möchten auch alternatives Wirtschaften fördern. Dazu gehört die Stärkung der lokalen Ökonomie, eine gewisse Unabhängigkeit vom Geld- und Arbeitsmarkt zu erreichen, und nachhaltige Konsummuster und Lebensstile zu fördern.

c) Bedeutung

Moderne Tauschringe existieren in Deutschland seit knapp 15 Jahren. Neben historischen Vorläufern sind sie v.a. durch die "Local Exchange and Trading Systems" (LETS)-Bewegung in England angeregt worden, die 1992 in Deutschland bekannt wurde, so dass erste Tauschring-Gründungen erfolgten. In den letzten Jahren pendelte die Zahl der in Deutschland existierenden Tauschringe um 300. Sie treffen sich jährlich auf bundesweiten Tauschring-Treffen, haben jedoch keine gemeinsame Vertretung, die sie über das Jahr vertreten könnte.


3. Barterclub

a) So funktioniert's

"Barter Exchange" bedeutet übersetzt Tauschbörse. Barterclubs oder auch Barterorganisationen sind in ihrer Funktionsweise Tauschringen sehr ähnlich. Als Mitglieder sind bei Barterclubs nur Unternehmen zugelassen, die ihre kommerziellen Angebote untereinander handeln. Die Koordination des Bartertausches wird von einem kommerziellen Dienstleister angeboten, der für seine Arbeit Gebühren berechnet.

b) Ziele

Unternehmen beteiligen sich bei einem Barterclub, da sie sich teilweise höhere Umsätze erhoffen. Ein wichtiger Grund sind auch die günstigen Barter-Kredite, die die Mitgliedsunternehmen erhalten können. Der Dienstleister, der die Barterorganisation koordiniert, verspricht sich Einnahmen. Ein positiver weiterer Effekt von Barterclubs ist die antizyklische Wirkung. Dies bedeutet, dass bei einer schwierigen wirtschaftlichen Lage die Umsätze in Barterclubs deutlich zunehmen, da es sich dann für die Unternehmen lohnt, den Aufwand für die Suche nach Barter-Möglichkeinten auf sich zu nehmen, um ihre Euro-Liquidität zu schonen. In konjunkturellen Aufschwungphasen nimmt das Bartergeschäft wieder ab.

c) Bedeutung

Über die Anzahl der in Deutschland arbeitenden Barterclubs liegen mir leider keine Zahlen vor. In Europa und Kleinasien gibt es ca. 100 Systeme mit einem Jahresumsatz um die 1,8 Milliarden Euro (http://de.wikipedia.org/wiki/Barter). In den USA sind Barterclubs deutlich verbreiteter als in Europa. Eine Ausnahme ist die Schweiz, in der jedes fünfte Unternehmen an einem Barterclub beteiligt ist. Besonders zu erwähnen ist hierbei der Schweizer WIR-Ring.


4. Regiogeld

a) So funktioniert's

Regiogeld (Näheres unter www.regiogeld.de) ist ein regional begrenztes Verrechnungssystem, an dem Unternehmen, Vereine und Kunden beteiligt sind. Diese wirtschaften verstärkt untereinander, wodurch die klein- und mittelständischen Unternehmen, insbesondere die Kleinstunternehmen, gestärkt werden, sowie ökologische Vorteile durch die Einsparung von Transportwegen entstehen. Meist wird ein Gutschein verwendet, es gibt jedoch nun auch das erste elektronische Kartensystem. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Funktionsarten,

  • das eurogedeckte Regiogeld und das
  • leistungsgedeckte Regiogeld.

Eurogedecktes Regiogeld
 Die eurogedeckten Regios kommen dadurch in Umlauf, dass Kunden Euros gegen "Regios" eintauschen. Dies geschieht zu einem Wechselkurs von eins zu eins, also gibt es beispielsweise für 100 Euro 100 Regios.

Abbildung 2: Kreislauf des eurogedeckten Regiogeldes

Die Kunden gehen mit den Regios bei Mitgliedsunternehmen ganz normal einkaufen. Die Unternehmen können die Regios entweder weiter ausgeben, z.B. durch Einkauf bei Zulieferern, durch eine Privatentnahme für den Restaurantbesuch oder durch die Zahlung an Mitarbeiter. Wenn die Unternehmen die Regios nicht weiter ausgeben können, können sie diese in Euro zurücktauschen. Allerdings fällt dabei eine Gebühr zwischen 5 und 10% an, in unserer Grafik sind es 5%. So besteht bei den Unternehmen ein Anreiz, nach regionalen Ausgabemöglichkeiten zu suchen. Ein Teil der Gebühr wird zur Kostendeckung des Systems verwendet, z.B. für die Finanzierung des Gutscheindrucks. Einen festen Prozentsatz der Gebühr (meist 3%) bekommt ein gemeinnütziger Verein der Region. Und der Kunde, der seine Euro in Regios eingetauscht hat, kann den Verein bestimmen, der begünstigt wird. Dies hat den Effekt, dass die Vereine bei ihren Mitgliedern Werbung für die Nutzung des Regios machen, da sie dadurch eine kleine Einkommensquelle erschließen können. Die Auszahlung der Begünstigung erfolgt wiederum in Regios, damit auch die Vereine das regionale Wirtschaften unterstützen.

Leistungsgedecktes Regiogeld
 Das leistungsgedeckte Regiogeld ist von seiner Funktionsweise wiederum den Tauschringen und Barterclubs sehr ähnlich, hat aber einen regionalen Bezugsraum. Der Wertmaßstab ist wie bei der eurogedeckten Variante 1:1 an den Euro angelehnt. In der Grafik sind zusätzlich zu den Strömen der Regios die Waren- und Dienstleistungsströme eingezeichnet.

Abbildung 3: Kreislauf des leistungsgedeckten Regiogeldes

Die Regio-Gutscheine kommen in Umlauf, indem die Regio-Zentrale die Gutscheine an einen Teilnehmer/eine TeilnehmerIn herausgibt. Diese/r gibt im Gegenzug ein Leistungsversprechen, die Gutscheine zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuzahlen, wenn sie aus dem Regiogeld-System aussteigen wollten. Dieses Leistungsversprechen äußert sich in einem negativen Kontostand im zentralen Verrechnungssystem. Die Regio-Zentrale legt einen Kreditrahmen fest, wie viele Gutscheine ein Teilnehmer/ eine Teilnehmerin bekommen können. Dabei handhaben es die verschiedenen Initiativen unterschiedlich, ob sie nur Unternehmen als kreditwürdig einstufen oder auch Einzelpersonen und ob die Akzeptanzquote, mit der Unternehmen die Regios für Zahlungen akzeptieren, in die Kreditwürdigkeit einfließt.

Der Umlaufimpuls
 Der Umlaufimpuls ist eine weiteres Element, das sowohl euro- als auch leistungsgedeckte Regiogelder zeigen. Der Umlaufimpuls ist eine zeitliche Abwertung, die zwischen 4 und 12 % pro Jahr liegt.

Abbildung 4: Felder für die Verlängerung des Regios durch Marken

Die Gutscheine laufen ab und werden nach dem Ablauf entweder komplett erneuert oder über das Aufkleben einer Marke verlängert. Dadurch gibt jede/r, die/der Regios im Geldbeutel hat, diese schneller aus all die Euros. So hat auch eine geringere Menge von Gutscheinen einen hohen Umsatz bei den Unternehmen zu Folge. Auch ein Rücktausch nicht benötigter Gutscheine wird zeitnah vorgenommen, um nicht Rücktauschgebühr und Umlaufimpuls zu bezahlen. Daneben hat dieser Mechanismus das Ziel, langfristig zinsgünstige bzw. sogar zinsfreie regionale Kredite zu ermöglichen, indem den Besitzern/den Besitzerinnen von Regiogeld angeboten wird, ihre Regios länger anzulegen, wodurch der Umlaufimpuls entfällt.

b) Ziele

 Die Regiogeld-Initiativen haben sich auf folgende Wertestandards und Qualitätskriterien geeinigt (http://www.regiogeld.de/149.0.html):

  • Regiogelder haben das Ziel, das Gemeinwohl in der Region im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung zu fördern. Sie fördern kleine und mittelständische Unternehmen, die 75% der Arbeits- und Ausbildungsplätze stellen, und zielen auf die Nutzung regional vorhandener Ressourcen. Sie unterstützen die Bildung von regionalen Wirtschaftskreisläufen und Beziehungen eines gerechten Gebens und Nehmens.
  • Sie verpflichten sich auf Transparenz der Systeme und Finanzen gegenüber ihren Mitgliedern und haben demokratische Organisationsstrukturen, die Einfluß auf die Gestaltung des Regiogeldes zulassen. Ziel ist die Förderung eines kooperativen Wirtschaftens, sowohl der beteiligten Unternehmen einer Regiogeld-Initiative als auch der Regiogelder untereinander an den Regionsgrenzen.

Abbildung 5: Mitglieds-Initiativen des Regiogeld e.V.s

c) Bedeutung

Regiogeld ist in Deutschland erst seit kurzem ein Thema. Das erste Regiogeld, welches überregional bekannt wurde, war der Chiemgauer rund um den Chiemsee, der 2003 als Schülerinnen-Unternehmen einer Waldorfschule gestartet ist. Seitdem haben sich viele Nachahmer gefunden, die sich seit Februar 2006 im Regiogeld e.V., dem Dachverband der Regiogeld-Initiativen organisiert haben. Die Initiativen haben zahlreiche Unterstützer, so den Omnibus für direkte Demokratie e.V., der Umweltverein Grüne Liga Berlin e.V., die GLS-Bank, eine Bank für sozial-ökologische Geldanlagen, die Europäische Akademie der Wissenschaften, die am neuen Club-of-Rome-Bericht mitgearbeitet hat, der die Rolle des Geldes und der Finanzmärkte auf eine nachhaltige Entwicklung beleuchtet.
Auf der Karte sind die Regiogelder dargestellt, die Mitglied des Regiogeld e.V.s sind und sich damit auf die gemeinsamen Ziele verpflichten. Grün erscheinen die 19 Initiativen, die bereits Regiogeld herausgeben, gelbe Punkte symbolisieren Initiativen, die die Herausgabe eines Regios in ihrer Region vorbereiten. Davon werden ca. 3 noch 2006 emmitieren.


5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Viele Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind bereits im vorangegangenen Text deutlich geworden. Jedoch gibt es viele Vermischungen bei der Nutzung der Begrifflichkeiten. So werben manche kommerzielle Barterclubs und Bonussysteme mit dem Begriff "Regiogeld". Auch gibt es Ansätze für regionale Tauschringe (http://www.regiotauschnetz.de/ und Tauschringe, die mit Gutscheinen arbeiten (z.B. der "Flamingo" im Fläming in Brandenburg) und sich damit nur noch geringfügig von leistungsgedeckten Regios unterscheiden. Der Tauschkreis Vorarlberg aus Österreich ist Mitglied des Regiogeld e.V.s und das Regiogeld Sterntaler baut auf einem Tauschring auf. Die Tabelle kann deshalb Gemeinsamkeiten und Unterschiede nur idealtypisch darstellen

Merkmal

Tauschring

Barterclub

Regiogeld

Ziele

Selbstorganisation

Neubewertung von Arbeit

Gewinnerzielung, Stabilisierung der Wirtschaft

Gemeinwohlorientierung, KMU-Förderung

Wertestandards

Bezugsraum:

Lokal

National + größer

Regional

Organisation:

Meist ehrenamtlich

Dienstleister – kommerziell

Ehrenamtlich – Bezahlung der Organisationsarbeit ist angestrebt.

Wertmaßstab

Zeit + Euro

Euro

Euro

Tabelle 1: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Durch die Vermischung bei der Begriffsverwendung gilt es, jeden Einzelfall zu überprüfen: Welchen Bezugsraum hat ein Tauschring? Welchen Zielen verpflichtet sich ein Regiogeld oder ein Barterclub?
Ich hoffe, Ihnen mit diesem Artikel die großen Unterscheidungslinien aufgezeigt zu haben, so dass Sie eine Hilfestellung beim Einordnen von Tausch- und Verrechnungssystemen haben, mit denen Sie in Kontakt kommen.