GemeinWesenArbeit im Sulzbacher Netzwerk für soziale Stadtentwicklung

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Dieser Text ist Teil der Online-Dokumentation der (letzten?) 14. GWA-Werkstatt im Burckhardthaus Gelnhausen, 17.-20.09.2007.


Der folgende Beitrag skizziert kurz die Entwicklung der GemeinWesenArbeit Sulzbach seit 1987, verortet die GWA im Kontext des „Sulzbacher Netzwerks für soziale Stadtentwicklung" und stellt dann in diesem Gesamtkontext als Schwerpunkt zwei Netzwerkprojekte der lokalen sozialen Ökonomie vor.

Die Kleinstadt Sulzbach/Saar ...

... mit knapp 18.000 EinwohnerInnen gehört gemeinsam mit der Landeshauptstadt Saarbrücken sowie acht weiteren Städten und Gemeinden zum Stadtverband Saarbrücken (seit 2008 Regionalverband Saarbrücken) mit insgesamt etwa 350.000 EinwohnerInnen.

Zwei der sechs Sulzbacher Stadtteile (Altenwald und Sulzbach-Mitte) sind seit 1999/2000 in das Städtebauförderungsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf- die soziale Stadt" aufgenommen. Im Saarland war in der Förderperiode 1999-2006 ein Teil der Landesmittel aus dem Europäischen Sozialfonds / ESF für sozial- und arbeitsmarktpolitische Projekte in den Soziale Stadt – Gebieten reserviert. Außerdem läuft in der Stadt seit 2003 das den Programmgebieten „Soziale Stadt" zugeordnete Programm „LOS – Lokales Kapital für soziale Zwecke", das Mikroprojekte der beruflich-sozialen Integration im Stadtteil mit bis zu 10.000,00 € fördert.

Die GemeinWesenArbeit Sulzbach

1987 richtete der Caritasverband für Saarbrücken und Umgebung e.V. ein Gemeinwesenprojekt in der ehemaligen Obdachlosensiedlung „Kohlenmühl" in Sulzbach-Altenwald ein – dieses ging 1999 in die GemeinWesenArbeit Sulzbach über.

Im Rahmen des Programms „Soziale Stadt Sulzbach" wurde im Jahr 2001 das Einzugsgebiet der GWA Sulzbach auf den ganzen Stadtteil Altenwald, ab November 2003 in Teilbereichen auch auf Sulzbach-Mitte ausgedehnt.

Im Rahmen der Netzwerkarbeit arbeitet die GWA in gesamtstädtischer Perspektive.

Die GWA Sulzbach will längerfristig Grundfunktionen einer sozialräumlichen und lebensweltorientierten sozialen Arbeit in benachteiligten Stadtteilen und Wohngebieten der Stadt Sulzbach erfüllen und so Beiträge zur sozialen Stadtentwicklung leisten.

Die GWA Sulzbach wird von der Stadt Sulzbach und dem Stadtverband/Regionalverband Saarbrücken auf der Grundlage von Kooperationsverträgen gefördert.

Einzelprojekte und –maßnahmen der GWA Sulzbach werden derzeit vom Caritasverband für die Diözese Trier e. V., der ARGE Saarbrücken, der Europäischen Union / Europäischer Sozialfonds sowie der Aktion Arbeit des Bistums Trier gefördert.

Ende 2007 bestand das Team der GWA aus einem Stammteam mit vier SozialarbeiterInnen (insgesamt 3 unbefristete Vollzeitstellen) sowie dem Team des Stadtteil-Service (eine Sozialarbeiterin sowie je ein/e hauswirtschaftliche und handwerklicher Anleiter/in – alle drei in derzeit bis 30.06.2008 befristeten Vollzeitstellen). 

GWA Sulzbach – Beiträge zur sozialen Stadtentwicklung

Die GWA Sulzbach versteht sich als eine unter vielen AkteurInnen in der sozialen Stadtentwicklung.

Im Rahmen einer Reflexion unserer inzwischen zwanzigjährigen Arbeit haben wir die Grundfunktionen und Aufgaben der GWA in sieben Dimensionen beschrieben:

  • Beratung und Unterstützung von BürgerInnen.
  • Präventive Kinder- und Jugendhilfe.
  • Beruflich-soziale Integration von (Langzeit-)Arbeitslosen
  • Netzwerke entwickeln.
  • Solidarische Kirche vor Ort.
  • Ressourcen beschaffen und bedarfsgerechte soziale Infrastruktur entwickeln.
  • Kommunikation und Öffentlichkeit im Stadtteil ermöglichen.

Die Arbeitsbereiche der GWA Sulzbach sind schwerpunktmäßig:

  • Betrieb eines Nachbarschaftszentrums in einem sozialen Brennpunkt – gemeinsam mit einem von BewohnerInnen getragenen Nachbarschaftsverein.
  • Sozialberatung.
  • Kinder- und Jugendarbeit.
  • Frauenarbeit.
  • Stadtteil – Service Sulzbach-Altenwald.
  • Unterstützung der BürgerInnen in der Stadtteilentwicklung.
  • Öffentlichkeitsarbeit.
  • Entwicklung sozialer Netzwerke in Sulzbach.

Kooperationsstelle „Soziale Stadtentwicklung Sulzbach" und Aufbau des Netzwerks „Soziale Stadtentwicklung"

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Die GWA ist gemeinsam mit dem Stadtteilbüro in kommunaler Trägerschaft seit 2006 aktiv und federführend an der Entwicklung einer „Kooperationsstelle Soziale Stadtentwicklung Sulzbach" sowie am Aufbau eines „Netzwerks soziale Stadtentwicklung" beteiligt.

Die Kooperationsstelle, die gemeinsam von der Stadt Sulzbach und dem Arbeitskreis „Soziale Fachdienste Sulzbach" getragen wird, hat dabei folgende Aufgaben:

  • Sozialberichterstattung (jährliche Erarbeitung Sulzbacher Sozialberichte und Durchführung Sozialpolitischer Foren).
  • Netzwerkentwicklung und – begleitung
  • Projektentwicklung und – begleitung (Haus der Kulturen, Sozialer Betrieb, ...)
  • Ressourcenbeschaffung (Förderprogramme, ...).
  • Aufbau, Begleitung, Beratung und Unterstützung selbsttragender Strukturen (nach Themen und Stadtteilen) / Aktivierung von BürgerInnen.

 Ziel ist die Vernetzung von thematischen Gruppen und Initiativen in der Stadt sowie die Vernetzung der Stadtteile:

  • Verknüpfung von Themen, Aktiven, Initiativen, Projekten,
  • „integrierte Handlungs- bzw. Entwicklungskonzepte".
  • Kooperation von engagierten BürgerInnen (Ehrenamtliche) mit Professionellen (Stadtverwaltung, Fachdienste, ...).
  • Vernetzung der sechs Stadt-Teile / Stadtteil-Netzwerk.
  • Beobachtung / Berichterstattung über Entwicklungen (Sozialberichte)
  • Verständigung über Handlungsbedarfe, Prioritäten, ..
  • Dauerhaftes / kontinuierliches Engagement.
  • Vernetzung von bürgerschaftlichem und professionellem Engagement (Zivilgesellschaft) mit der Stadtpolitik (Stadtrat, Parteien) und dem privatwirtschaftlichen Sektor.

Insgesamt geht es darum, die Kräfte mit dem Ziel einer sozialen Stadtentwicklung zu bündeln!

  • Finden gemeinsamer Themen (Schnittmengen), Handlungsfelder und Projekte.
  • Termine abstimmen, Kräfte realistisch einschätzen und Überlastung vermeiden.
  • Öffentlichkeitsarbeit, z. B. Info-Flyer, Internetauftritt, ....
  • Ressourcen bündeln und gemeinsam nutzen (Förderprogramme, Wissen und Know how, Räume, Materialien, Finanzen,...).

Letztlich sollten diese Aktivitäten eingebunden werden in ein zu entwickelndes „Leitbild für die Stadt Sulzbach" und entsprechende Umsetzungsprogramme im Rahmen eines Gesamtprozesses „Stadtentwicklung Sulzbach".

Sulzbacher Netzwerk für beruflich-soziale Integration

Innerhalb des Gesamtnetzwerkes existiert ein Teilnetzwerk für beruflich-soziale Integration. Auch hier ist die GWA aktiv beteiligt. Im Rahmen eines ESF-geförderten Projektes hat sich die GWA seit Herbst 2003 für die nachhaltige Weiterentwicklung eines Netzwerkes für Beschäftigung, berufliche und soziale Integration für besonders benachteiligte Arbeitslose in der Stadt Sulzbach engagiert.

Vorhandene Netzwerkstrukturen wurden ausgebaut und neue Verknüpfungen erstellt (Arbeitskreis Soziale Fachdienste Sulzbach, Gremien im Programm „Soziale Stadt Sulzbach", Lokale Agenda 21 Sulzbach, LOS – Begleitausschuss Sulzbach, Fachaustausch zwischen den örtlichen Beschäftigungs- und Qualifizierungsträgern, Genossenschaft „Sozialer Betrieb Sulzbach", Projektgruppe Sozialberichterstattung Sulzbach, Interkulturelles Netzwerk Sulzbach) unter Einbeziehung weiterer behördlicher und anderer interessierter Akteure vor Ort (Agentur für Arbeit, ARGE, Sozialbehörden, örtliche Betriebe, Vereine, Bürgerinitiativen) mit dem Ziel der Verbesserung der beruflichen und sozialen Integration von (Langzeit-)Arbeitslosen.

Im Bereich dieser Netzwerkentwicklung richten sich die Aktivitäten insbesondere an professionell Tätige und Träger im Bereich der beruflich-sozialen Integration, an entsprechende Gremien, Arbeitskreise sowie Institutionen, die in der Stadt Sulzbach tätig sind.

Zwei konkrete Initiativen der lokalen sozialen Ökonomie, die aus diesem Netzwerk entstanden sind und an denen die GWA beteiligt ist, sollen im folgenden vorgestellt werden:

Stadtteil-Service Sulzbach-Altenwald – ein soziales Stadtteil-Unternehmen mit Langzeitarbeitslosen.

Der Stadtteil-Service ist ein niedrigschwelliges Beschäftigungsprojekt im Sinne der „Gemeinwesenökonomie". Durch den „Stadtteilservice" werden einfache Dienstleistungen im gemeinnützigen, sozialen und kulturellen Bereich für sozial benachteiligte, alte und behinderte Menschen sowie Kirchengemeinden, soziale Einrichtungen und Vereine angeboten. Für die TeilnehmerInnen ist Ziel des Projektes, durch die niedrigschwellige aber kontinuierliche Tätigkeit, Alltags- sowie Arbeitsstrukturen wieder herzustellen, zu verbessern oder beizubehalten.

Die TeilnehmerInnen sind langzeitarbeitslose Männer und Frauen aus Sulzbach, insbesondere aus dem Programmgebiet Soziale Stadt. In 2006 waren 32 Männer und Frauen im Alter von 26 – 60 Jahre und im Bezug von Arbeitslosengeld II beim Stadtteil-Service Sulzbach-Altenwald tätig. 

Organisatorische Rahmenbedingungen

Um unter veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen des SGB II (Wegfall der Zuverdienstgrenzen, Konzentration arbeitsmarktpolitischer Instrumente auf Zusatzjobs) das Beschäftigungsangebot des Projektes ab dem Jahr 2005 aufrechterhalten zu können, wurde ein zusätzlicher Projektantrag an die ARGE Saarbrücken zur Durchführung stadtteilorientierter Zusatzjobs (1 Euro – Jobs) im Stadtteilservice gestellt.

Der „Stadtteilservice" hat inzwischen eigene Räume im zukünftigen Stadtteilzentrum bezogen. Es gibt einen Veranstaltungsraum, der auch gleichzeitig als Dorftreff fungiert, eine Küche und einen Mehrzweckraum (Waschmaschine, Bügelraum), den der Stadtteilservice betreibt. Des weiteren gibt es Aufenthalts- und Büroräume. Im Dorftreff finden die täglichen hauswirtschaftlichen Arbeiten der Frauen des Stadtteilservice statt und er dient gleichzeitig auch als Anlaufstelle für BürgerInnen. Des weiteren ist er Treffpunkt für die Arbeitslosen, die im Projekt beschäftigt sind.

Im Jahr 2006 waren 9 Frauen und 23 Männer zum Teil in Arbeitsgelegenheitsmaßnahmen und als ehrenamtliche HelferInnen gegen Aufwandsentschädigung beschäftigt. Zwei Männer konnten ab April in Ü58 - Maßnahmen als Stadtteilunterstützer übernommen werden und haben somit eine längere Perspektive bis 30.06.2008. Eine Frau schloss erfolgreich eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin ab. Sechs der Personen wurden in eine weiterführende Qualifizierung vermittelt (Sozialer Betrieb Sulzbach eG), wovon jeweils ein Mann und eine Frau ab dem 01.01.2007 in ein unbefristetes sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis im Sozialen Betrieb Sulzbach eingestellt wurden. Ein Fachanleiter, der bis Juni 2006 im Projekt beschäftigt war, wechselte im Juli 2006 zur Sozialer Betrieb Sulzbach eG, arbeitete dort zunächst mit einem Zuverdienst zum ALG I in einer niedrigschwelligen Qualifizierungsmaßnahme mit und wurde Ende November 2006 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Vorarbeiter bei der SBS eG übernommen.

Im Rahmen der Nachhaltigkeit wurde den TeilnehmerInnen nach Ablauf einer Arbeitsgelegenheit angeboten, als ehrenamtliche MitarbeiterIn bei der Gemeinwesenarbeit Sulzbach gegen Aufwandsentschädigung in reduziertem Stundenumfang weiterzuarbeiten. Die Aufwandsentschädigung wurde von der Aktion Arbeit, einem Solidaritätsfonds für Arbeitslose im Bistum Trier zu Verfügung gestellt und ebenso durch bewilligte LOS-Projekte der Dorfinteressengemeinschaft Altenwald e.V. sowie des Nachbarschaftsvereins Kohlenmühl e. V. finanziert.

Die Angebote des Stadtteilservices sind vielfältig. Überwiegend werden Arbeiten angenommen, die sich positiv auf den sozialen Raum und die soziale Infrastruktur auswirken. Die Tätigkeiten im Jahr 2006 gliederten sich wie folgt:

251 Tätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich:

  • 190 Tätigkeiten in Privathaushalten
  • 27 Tätigkeiten für Vereine und soz. Einrichtungen
  • 12 Angebote Frauenfrühstück
  • 22 Angebote Mittagstisch für BürgerInnen

228 Tätigkeiten im handwerklichen Bereich:

  • 28 Renovierungs- und handwerkliche Tätigkeiten
  • 112 Möbeltransporte
  • 22 Gartenarbeiten
  • 5 Straßenreinigungstätigkeiten
  • 21 Tätigkeiten für Vereine und soz. Einrichtungen
  • 40 regelmäßige Tätigkeiten

Im Stadtteilservice gibt es eine kontinuierliche sozialpädagogische Betreuung und Beratung und einen Bewerbungsservice. Die angebotene Sozialberatung der GWA wird in verstärktem Maße nachgefragt (Anträge auszufüllen, finanzielle Situationen zu klären und für Hilfe beim Umgang mit Ämtern und Behörden, Umstellung auf ALG II).

Im Rahmen des ESF-Projektes wurde in verschiedenen Arbeitsprojekten ein mit wenigen Ausnahmen konstanter Personenkreis beschäftigt. Dies ist für unsere Tätigkeiten sehr wichtig, da wir eine gemeinwesenorientierte bzw. stadtteilorientierte Maßnahme sind, die in vielen Fällen auf eine Vertrauensbeziehung zwischen beschäftigten Personen und den BürgerInnen angewiesen ist. Die Planung und Gewährleistung eines deckenden Angebotes für die BürgerInnen des Stadtteils sowie die Tätigkeiten für Vereine und soziale Einrichtungen sind mit wechselnden Personen nur schwierig zu bewerkstelligen. Gerade sozial benachteiligte, alte und behinderte Menschen sind auf solche zusätzlichen Angebote und Hilfen angewiesen. Vereine und soziale Einrichtungen brauchen für ihre Aktivitäten oftmals zusätzliche personelle Unterstützung. Viele dieser Tätigkeiten gehen hinsichtlich ihres Zeitaufwandes und des damit einhergehenden Begleitungsbedarfs über das hinaus, was im Rahmen ehrenamtlicher Einsätze machbar ist.

Gleichzeitig gibt es für den weitaus größten Teil der Beschäftigten keine Alternative. Eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist aufgrund fehlender Stellenangebote und ihrer schwierigen Berufsbiographie aussichtslos. Durch die Ansiedelung der Arbeitsgelegenheits-Maßnahme in zusätzlichen und im Stadtteil sozial eingebetteten Tätigkeiten, entstand eine hohe Identifikation der Arbeitslosen mit ihrer Tätigkeit und ihrer „Firma Stadtteil-Service". Es besteht die Bereitschaft sich weiter zu engagieren. Dieses Potential soll weiter genutzt werden.

Der Stadtteil-Service ist inzwischen allseits anerkannt als gut, sinnvoll und notwendig. Er ist für die beschäftigten Arbeitslosen wie für die Stadtteile ein nicht mehr wegzudenkendes kleines soziales Unternehmen. Trotzdem ist seine Fortführung ab Juli 2008 bedroht, weil die notwendigen ESF – Mittel in diesem Bereich nicht mehr verfügbar sind. 

Sozialer Betrieb Sulzbach eG – die trägerübergreifende Sulzbacher Genossenschaft schafft Arbeitsplätze

Die Ausgangssituation

In der Stadt Sulzbach ist die Arbeitslosigkeit bei etwa 18.000 EinwohnerInnen mit fast 1.000 registrierten Arbeitslosen (Stand: 12/2007) überdurchschnittlich hoch. Inzwischen fallen drei Viertel aller Arbeitslosen unter das SGB II, jede neunte Person in der Stadt lebt von ALG II oder Sozialgeld, das heißt ein großer Teil der in Sulzbach lebenden Familien sind direkt oder mittelbar vom Problem der strukturellen Massenarbeitslosigkeit und den materiellen sowie sozialen und psychischen Folgen von Ausgrenzung und Armut betroffen.

In Sulzbach gibt es vielfältige Projekte und Maßnahmen der Beschäftigung und Qualifizierung verschiedener Träger.

Die Motivation, ein eigenes Experiment zur Schaffung neuer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze zu starten, ergab sich wesentlich aus der Erfahrung, dass Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte mangels vorhandener Arbeitsplätze eine Integration in den „ersten Arbeitsmarkt" in der Regel nicht erreichen können. 

Das Projekt „Sozialer Betrieb Sulzbach / SBS"

Das Projekt „Sozialer Betrieb Sulzbach" ist im Rahmen der sozialen Stadtentwicklung entstanden (Programme „Soziale Stadt" und „Lokales Kapital für soziale Zwecke").

Eine im Sommer 2004 gegründete Projektgruppe erarbeitete ein Betriebskonzept. Parallel wurden eine „Bestandsaufnahme der Lokalen Ökonomie in der Stadt Sulzbach" sowie eine quantitative und qualitative „Analyse der Arbeitslosigkeit in der Stadt Sulzbach" im Rahmen der Sozialberichterstattung erarbeitet.

Prof. Dr. Nicole Göler von Ravensburg von der Fachhochschule Frankfurt/Main begleitet und unterstützt seit Februar 2005 den Entwicklungsprozess zum „Sozialen Betrieb Sulzbach".

Ziel des Betriebes ist die zusätzliche Schaffung sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeitsplätze. Dies soll durch Kooperation sowie Kompetenz- und Ressourcenbündelung innerhalb der Stadt Sulzbach erreicht werden. Arbeitslose sollen in bereits bestehenden Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten oder auch im SBS selbst gezielt auf Tätigkeiten im sozialen Betrieb vorbereitet werden.

Die ganze „Stadtgesellschaft" mit ihren unterschiedlichen Akteuren (Kommune, Agentur für Arbeit und ARGE, Wohlfahrtsverbände, Qualifizierungs- und Beschäftigungsträger, Betriebe, Gewerkschaften, bürgerschaftliche Organisationen, ...) stellen sich in einem lokalen Experiment in einem überschaubaren Sozial- und Wirtschaftsraum praktisch der Herausforderung der beruflich-sozialen Integration arbeitsloser Menschen.

Ökonomie soll sozial-kulturell im örtlichen Gemeinwesen verankert werden.

Genossenschaftsgründung

Am 15. Mai 2006 wurde der Soziale Betrieb Sulzbach als Genossenschaft gegründet.

Gründungsmitglieder waren: Stadt Sulzbach, Stadtwerke Sulzbach GmbH, Arbeiterwohlfahrt Landesverband Saarland e.V., Caritasverband für Saarbrücken und Umgebung e.V., Diakonisches Werk an der Saar, Dorfinteressengemeinschaft Altenwald e.V. sowie 19 Einzelpersonen.

„Zweck der Genossenschaft ist die Förderung des Erwerbs und/oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes. Die SBS eG ist ein kooperatives Unternehmen, in dem soziale, bildungsbezogene und beschäftigungspolitische Ziele der Mitglieder verwirklicht werden. Die Genossenschaft leistet Beiträge zur sozial-kulturellen und wirtschaftlichen Stadtentwicklung.

Gegenstand des Unternehmens ist die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeitsplätze in Anlehnung an bestehende Tarifverträge – insbesondere für (langzeit)arbeitslose Personen - sowie die Erbringung lokaler gewerbe- und haushaltsnaher Dienstleistungen – insbesondere in der Stadt Sulzbach." (vgl. Satzung der Genossenschaft, § 2)

Betriebstätigkeit begonnen

Der soziale Betrieb will Arbeitsplätze für (langzeit-) arbeitslose Personen in der Stadt Sulzbach schaffen. Mittelfristig wird eine Zahl von 30 Arbeitsplätzen im sozialen Betrieb angestrebt (Zielsetzung). Die Beschäftigten des Betriebes und auch die KundInnen und AuftraggeberInnen sollen Mitglieder der Genossenschaft sein (können).

Ab Oktober 2006 wurde über eine Qualifizierungsmaßnahme die Personalgewinnung für den Betrieb eingeleitet. Im Dezember 2006 wurde ein Geschäftsplan für die Startphase des sozialen Betriebes erarbeitet und vom Genossenschaftsverband geprüft. Als Einstiegsgeschäftsfelder wurden die Bereiche „Gebäudereinigung", „Landschaftspflege" und „Haushaltsnahe Dienstleistungen" identifiziert, weitere Geschäftsfelder sollen in späteren Phasen entwickelt werden.

Die Genossenschaft ist seit 01.03.2007 in das Genossenschaftsregister eingetragen und Mitglied im für das Saarland zuständigen Genossenschaftsverband Frankfurt e.V..

Die Betriebstätigkeit wurde im Januar 2007 begonnen und soll schrittweise ausgeweitet werden – abhängig vom Umfang der zu beschaffenden Aufträge.

Finanzsituation und Startkapital

Zur Entwicklung des sozialen Betriebes wurden als Starthilfe sowohl das know how und Aufträge als auch Sach- und Geldkapital der beteiligten lokalen Akteure (Stadt, Stadtwerke, Wohlfahrtsverbände) benötigt.

Ebenso werden Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung (z. B. Investitionskredite) für eine Betriebsgründung sowie die verfügbaren Fördermöglichkeiten zur Einstellung von (Langzeit-) Arbeitslosen durch die Agentur für Arbeit sowie die ARGE Saarbrücken genutzt.

Von den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft konnten zum Zeitpunkt der Gründungsversammlung 8.650,00 € als Geschäftsanteile in die Genossenschaft eingebracht werden (Pflichtanteile: 50,- € für Einzelpersonen, 500,- € für juristische Personen). Eine große Starthilfe war ein Betrag von 56.000,00 €, der über die Aktion Arbeit im Bistum Trier vom Saarbrücker Katholikentag im Mai 2006 zur Verfügung gestellt wurde. Darüber hinaus haben die Stadtwerke 10.000,00 € Startkapital eingebracht sowie einige Mitglieder erste Aufträge und anderweitige Unterstützung.

„Marktbetrieb" und „Sozialer Betrieb"

Da die „Schaffung von Arbeitsplätzen" nicht gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung ist, muss sich die Genossenschaft als gemeinwirtschaftlicher Marktbetrieb ohne Steuererleichterungen bewähren. Dieser Herausforderung will sich der Betrieb offensiv stellen.

Den GenossenschaftsgründerInnen war andererseits von Anfang an bewusst, dass der Soziale Betrieb angesichts des Ausmaßes der Arbeitslosigkeit in Sulzbach weder quantitativ noch für am Arbeitsmarkt besonders benachteiligte Langzeitarbeitslose die Gesamtproblematik der Arbeitslosigkeit in Sulzbach lösen kann. Für den Teil der Arbeitslosen, die beschäftigungsfähig und –bereit, aber ohne Chancen auf eine Integration in den „ersten Arbeitsmarkt" sind, weist auch die Diskussion um einen dauerhaft öffentlich geförderten „dritten Arbeitsmarkt" (Programm „JobPerspektive") in die richtige Richtung. Auch in diesem Bereich „sozialer Betriebe" will die Sulzbacher Genossenschaft ein aktiver Akteur werden.

Der SBS ist vom 01.08.2007 bis 30.09.2008 mit dem Projekt „Perspektive Job / Arbeit vor Ort" in das Bundessonderprogramm „Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort – Bereich Soziale Stadt" aufgenommen worden, das die Stärkung der lokalen Ökonomie, die Integration von Langzeitarbeitslosen und die Förderung von sozialer Integration in der Stadt zum Ziel hat.

Ein lokales Experiment – es gibt keine Erfolgsgarantie

Die Genossenschaft „Sozialer Betrieb Sulzbach / SBS" versteht sich als ein kooperatives Unternehmen mit verschiedenen wichtigen Akteuren der Stadtgesellschaft. Sie will die Genossenschaftsidee als neue/alte solidarische Organisations- und Rechtsform des Wirtschaftens wieder/neu beleben helfen und als genossenschaftliches Netzwerk soziale und wirtschaftliche Ziele verbinden.

Die Sulzbacher Genossenschaft ist angesichts massenhafter struktureller Arbeitslosigkeit ein Not – wendiges Experiment im überschaubaren lokalen Raum, das versucht die eigenen Möglichkeiten vor Ort kooperativ zu nutzen. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht.

Zusammenfassung: GWA im Sulzbacher Netzwerk für soziale Stadtentwicklung

GWA – Einmischung in die soziale Stadtentwicklung

Die Einmischung der GWA in die Gesamtprozesse sozialer Stadt(teil)entwicklung sowie die Entwicklung und Stabilisierung sozialer Netzwerke und Initiativen zur Stärkung der lokalen sozialen Ökonomie sind in den vergangenen Jahren wichtiger geworden.

Die Programmatik „Soziale Stadt" bietet dafür einen guten fachlichen Rahmen.

Die GWA hat in diesem Kontext mehrere Schnittstellen/Kooperationen zu anderen Arbeitsfeldern:

  • Mitarbeit in den Programmen „Soziale Stadt", „LOS / Lokales Kapital für soziale Zwecke" und „Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort"
  • Intensive Kooperation von „GWA" in freier Trägerschaft und „Stadtteilbüro/Stadtteilbeauftragtem" in kommunaler Trägerschaft („Tandem-Modell" in einem kooperativen Stadtteilmanagement).
  • Mitarbeit in einem „sozialen Marktbetrieb" in der lokalen Ökonomie (SBS – Sozialer Betrieb Sulzbach eG).

Folgende Wirkungen auf die Menschen, Institutionen, Infrastruktur etc. sind feststellbar:

  • gelingende soziale und berufliche Integration von Langzeitarbeitslosen.
  • Vernetzung / Ressourcen- und Kompetenzbündelung verschiedener lokaler Akteure.
  • Aufbau / Entwicklung selbsttragender / nachhaltiger Strukturen.