Stadtteile machen mobil - Von GWA, Gewalt und Gouvernementalität

Kontakt:

Sabine Stövesand, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fakultät für Soziale Arbeit und Pflege, Saarlandstr. 30, 22303 Hamburg, Tel.: 040/42875-7095, Email: SabineStoevesand@web.de


"Ihr seid die Augen und Ohren der Polizei"

so der stellvertretende Polizeichef von San Francisco zu einer Gruppe von BürgerInnen, die im Rahmen von community organizing aktiviert und als StadtteilvertreterInnen zu einem Treffen ins Präsidium eingeladen worden waren. Diese Äußerung löste unangenehme Assoziationen in Richtung Überwachungsstaat und Denunziantentum aus, allerdings brachte ich sie damals nicht in Verbindung mit einem Projekt, das ich selbst im Rahmen der Gemeinwesenarbeit in St.Pauli-Süd initiiert hatte. Die Rede ist von Tarantula, einem stadtteilorientierten Projekt zur Prävention und zum Abbau von Gewalt gegen Frauen, das u.a. darauf abzielte, soziale Netze und nachbarschaftliche Einmischungsbereitschaft zugunsten der betroffenen Frauen zu stärken.
Anstoß für den vorliegenden Text war eine zunehmende Skepsis gegenüber diesem Ansatz. Ein Grund liegt darin, dass Tarantula inhaltlich und methodisch relativ gut in den Paradigmenwechsel von der Sozial- zur Ordnungspolitik paßt. Das Thema Sicherheit ist überaus populär. Auch setzt die Kriminalpolitik verstärkt auf Stadtteilbezug und Bürgerengagement als Mittel einer effektiven Kriminalitätskontrolle. Sicherheitskonferenzen und Bürgerwachten in den Stadtteilen, Videokameras allerorten und die Kriminalisierung von subkulturellen und armutsbedingten Verhaltensweisen sind Ausdruck dieser Entwicklungen.
Meine Skepsis gründet außerdem in der Parallelität der Konjunktur von Sozialraumorientierung, Selbsthilfe - neudeutsch "Eigenverantwortung" - und Bürgerbeteiligung mit dem Abbau und der Privatisierung staatlicher Leistungen. Nicht mehr der keynesianische Wohlfahrtsstaat sondern der neoliberale Wettbewerbsstaat prägt heute die Bedingungen von Gemeinwesenarbeit. Im Unterschied zu den 70er und 80er Jahren, als sich in der Orientierung auf das Gemeinwesen eine linke Staatskritik mit der Kritik an bürgerferner Bürokratie und Entmündigung verband, wird der Diskurs in den 90er Jahren von eher konservativen und idealistisch-moralischen Vorstellungen geprägt, wie z.B. in der Kommunitarismus-Debatte.
Im folgenden dient das Tarantula-Projekt als Ausgangspunkt für eine Reihe von Problematisierungen im Zusammenhang mit Gemeinwesenarbeit (GWA) und dem Umgang mit Themen wie Sicherheit und Kriminalprävention in diesem Kontext.


Flashback

Hamburger Frauenhaus, Anfang der 90er Jahre. Hatice, die mit ihren fünf Kindern vor den gewalttätigen Übergriffen ihres Mannes hier Schutz gefunden hat, erklärt mir, dass sie auf jeden Fall in ihre Wohnung zurückkehren will. Das ist ungewöhnlich, die meisten Frauen, die sich vom Misshandler trennen, suchen sich eine neue Wohnung. Sie wollen nicht so leicht gefunden werden, erhoffen sich Anonymität - aus Angst vor fortgesetzter Gewalt und aus Scham über das, was ihnen zugestoßen ist. Doch Hatice will sich ihr zu hause nicht nehmen lassen. Der Grund dafür ist ihre Nachbarschaft. Wie sie sagt, hat sie viele freundschaftliche Kontakte und kann sich auf Unterstützung verlassen. Sogar eine Telefonkette existiert und hat Hilfe in bedrohlichen Situationen mobilisiert. Ins Frauenhaus ist sie gekommen, um neue Kraft zu sammeln und in Sicherheit zu sein, während die Klage gegen den Ehemann auf Überlassung der Wohnung läuft.
Sie gewinnt die Klage, zieht zurück, sie und die Kinder können ihre Sozialkontakte und gewohnte Umgebung behalten. Zusammen mit den NachbarInnen, der Schule und einer GWA-Einrichtung wehrt sie den Mann ab, der wochenlang regelmäßig vor der Haustür randaliert. Irgendwann taucht er nicht mehr auf.
Diese Geschichte inspiriert das Engagement für Tarantula. Stadtteil und Nachbarschaft als Ressource - konkrete Utopie: NachbarInnen drehen nicht den Fernseher lauter, wenn Schreie aus der Nachbarwohnung hallen, sondern aktivieren andere NachbarInnen und mischen sich zusammen ein. Frauen huschen nicht mehr mit Sonnenbrille durchs Treppenhaus, weil sie sich ihrer Misshandlung schämen, sondern gehen offensiv und selbstbewusst mit der Situation um. Sie wissen, sie werden auf Verständnis und Unterstützung treffen und nicht auf Hilflosigkeit oder gar dumme Sprüche. Frauen und Mädchen flanieren im öffentlichen Raum, sitzen noch bei Dunkelheit in Parks und auf Plätzen, wo Geschlechtermonotonie war, ist muntere, ausgeglichene Mischung.
Und dann erzählt tatsächlich eine Frau aus der neu gegründeten Tarantula-Gruppe, wie sich FreundInnen, NachbarInnen und die Verkäuferinnen aus dem Supermarkt um die Ecke bei ihr getroffen und ihr geholfen haben, sich aus einer gewalttätigen Beziehung zu lösen. Lokale, soziale Netze als Überlebensmittel - ein Stück realisierte Utopie.


GWA St.Pauli-Süd proudly presents: Tarantula

Konzeptionell ging Tarantula davon aus, dass die Frauenhausarbeit ergänzt werden müsste durch Maßnahmen, die vor Ort, dort wo die Gewalt stattfindet, ansetzen. Im Mittelpunkt stand die Gewalt im sozialen Nahbereich. Dabei sollten Männer nicht nur als Täter bzw. potentielle Täter, sondern auch als mögliche Bündnispartner in der Nachbarschaft gesehen werden.
Die Ziele des Projektes waren 1. einen "Klimawechsel" im Stadtteil herbeizuführen, so dass die Gewalt nicht länger ignoriert und toleriert wird; 2. die Bewusstwerdung über Geschlechterrollen bei Männern und Frauen, Mädchen und Jungen und die Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten zu unterstützen; 3. die nachbarschaftliche Einmischung und praktische Solidarität mit den Opfern zu fördern, so dass Frauen (und Kinder) nicht aus ihrer Wohnung und dem Stadtteil flüchten müssen.
Der Ansatz der Gemeinwesenarbeit erschien gut geeignet, denn je weniger sozial eingebunden die Frauen sind, je anonymer die Nachbarschaft, desto gefährdeter sind sie. Isolation und der Verlust sozialer Bezüge gehen häufig einher mit sich zu spitzender Gewalterfahrung. Und eine Nachbarschaft, die achtlos oder ratlos ist, kann keine Unterstützung bieten. GWA befördert den Aufbau von nachbarschaftlichen Kontakten und Netzwerken, von individueller und gemeinsamer Handlungsfähigkeit, sie betont die Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit und von kollektiven Lernprozessen. Eine alteingesessene GWA-Einrichtung war überdies vorhanden und damit personelle, räumliche und technische Ressourcen. Bei den KollegInnen musste nicht viel Überzeugungsarbeit geleistet werden angesichts einer Problematik, die sowohl aus der Arbeit im Stadtteil als auch durch zahlreiche Untersuchungen in ihrer Dramatik bekannt war. Mit zwei Praktikantinnen und mir als Hauptamtlicher konnte Tarantula starten.
Das Projekt bestand aus mehreren Bausteinen:

  • Befragung von Professionellen im Stadtteil (Ärzte, Polizei, Beratungsstellen, Schule) über ihre Erfahrungen und Einschätzungen zum Vorkommen von Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich. Ziel war neben der Informationsgewinnung auch die Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit für das Thema.
  • Einrichtung einer Beratungszeit im Stadtteilzentrum "Kölibri" der GWA St.Pauli-Süd nur für Frauen. Bei der Bekanntmachung in Arztpraxen, Geschäften u.s.w. wurde das Thema der familiären Gewalt explizit angesprochen
  • einem Schulprojekt für Mädchen und Jungen, das die geschlechtsspezifisch unterschiedliche Wahrnehmung der Umwelt im Unterricht behandelte
  • Durchführung von Selbstverteidigungskursen für Frauen und Mädchen
  • Aufbau einer nachbarschaftlichen Frauengruppe mit dem Ziel, das Thema in den Stadtteil zu tragen und Menschen zu ermutigen bei Gewalttätigkeiten einzugreifen.

Diese Gruppe von 5 - 8 Frauen, die sich über 2,5 Jahre regelmäßig traf, bildete das Herzstück des Projektes und führte über die Jahre verschiedenste Aktionen durch. Sie veranstaltete Filmabende und Lesungen im "Kölibri", entwarf und verteilte Infoblätter, Aufkleber und Plakate überall im Viertel, war mit Infotischen präsent und führte eine Befragung von AnwohnerInnen durch. Männer und Frauen berichteten dabei von ihren Erfahrungen mit Gewaltsituationen, ihrer Ratlosigkeit, ihren Befürchtungen und ihren Strategien des Umgangs, fragten nach Verhaltenstipps und Institutionen, die weiterhelfen können.
Höhepunkt der Aktivitäten war eine große Ausstellung in der nächstgelegen Einkaufsstraße, die weibliche Rachephantasien und Gewalt gegen Frauen zum Thema hatte. Die örtliche Presse berichtete mehrfach. Insgesamt ca. 3000 PassantInnen schauten sich nach unseren Zählungen die Ausstellung gezielt an. Immer wieder bildeten sich Gesprächsgruppen auf der Straße. Wildfremde Menschen, die sich von den Bildern angeregt oder provoziert fühlten diskutierten lebhaft miteinander. Die Liste der Kommentare in unserem Gästebuch wuchs stündlich und am Infotisch standen stets Interessierte.
Um die Ausstellung durchführen zu können, hatte Tarantula eine Gruppe von 30 unbezahlten Mitmacherinnen organisiert, den Geschäftsführer des Einkaufszentrums dafür gewonnen, die Exponate dort nachts unterzustellen, den Sicherheitsdienst für Auf- und Abbau mobilisiert und Hilfe vom bezirklichen Frauenausschuss erhalten, d.h. sie hatte ein Netz gesponnen und verschiedenste Menschen zusammengebracht.
Während der Projektlaufzeit erreichte Tarantula eine breite Öffentlichkeit im Stadtteil und sorgte für so manches Gespräch und einige Nachdenklichkeit. Ein Art "Klimawechsel" war eine zeitlang ansatzweise spürbar. Ob NachbarInnen motiviert wurden, sich in konkreten Fällen anders zu verhalten bzw. einzugreifen, solidarisch zu sein wurde nicht erhoben und kann von daher nicht beurteilt werden. Wie es so oft geht: Die Gruppe fiel irgendwann auseinander und für die institutionelle Absicherung fehlten die Ressourcen. Doch das ist ein anderes Thema und soll hier nicht weiter verfolgt werden.


Lokale Kriminalprävention: Konkurrenz oder Zwilling von Gemeinwesensarbeit?

Eines der Tarantula-Plakate von 1996 stellte in fettem Schriftzug folgende Frage: "Ist ihr Nachbar auch ein Schläger?"
Zeitsprung: Herbst 2001, der schreckliche Anschlag auf das World Trade Center. Wohnungen in sogenannten benachteiligten Hamburger Quartieren stellten sich als Unterschlupf für am Anschlag beteiligte Terroristen heraus. Daraufhin brach eine Verdächtigungs- und Durchsuchungswelle los. Jetzt wurde nach den "Schläfern" in der Nachbarschaft gesucht, jeder arabisch aussehende männliche Hamburger wurde verdächtig, es wurde Raster-gefahndet, Schily schnürte Sicherheitspakete. Freiheit wurde gegen Sicherheit ausgespielt - und verlor. "Innere Sicherheit" avancierte zu dem Hamburger Wahlkampfthema und bald darauf hieß der neue Innensenator Ronald Schill. Doch schon im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf von 1997 titelte die Hamburger SPD: "Law and Order is a Labour Issue".
Mit dem Anliegen der Gewaltprävention, der Forderung nach mehr Sicherheit für Frauen befand sich Tarantula mittendrin im breiten Strom des Diskurses der Kriminalitätsbekämpfung. Ohne dass der Bezug bewusst hergestellt worden war, war der Projektansatz sehr gut anschlussfähig an Konzepte der lokalen Kriminalprävention, die seit Anfang der 90er Jahre einen Boom erleben. Die Prinzipen und Vorgehensweisen, die in diesen Konzepten formuliert werden, weisen erhebliche Überschneidungen mit denen der Sozialen Arbeit, insbesondere der Gemeinwesenarbeit auf. Es stellt sich also die Frage: Sind Gesetz und Ordnung auch ein Thema für die Gemeinwesenarbeit?
Bohn u.a. formulieren in ihrer Auswertung des bundesweiten Modellprojekts zum Thema "Gewaltprävention und Gewaltbekämpfung im kommunalen Sozialraum", das 1995/96 in neun verschiedenen Städten durchgeführt wurde, u.a. folgende Prinzipien für eine erfolgreiche Gewaltprävention :

  • Lebensweltorientierung. Diese wird gekennzeichnet durch eine Alltagsorientierung, die ganzheitlich bei den Lebensbezügen ansetzt und Angebote und Aktivitäten in den Zusammenhang der unmittelbaren Probleme, Wünsche und Interessen der AdressatInnen stellt; die Dezentralisierung, d.h. Vor-Ort Angebote von Beratung, Freizeit etc.; Integration, im Sinne der Nicht-Ausgrenzung von als problematisch geltenden Personen und Gruppen; Partizipation bei der Gestaltung der Lebenswelt, z.B. auch als MultipikatorInnen bei Anti-Gewalt-Trainings; Existenzsicherung/ Alltagsbewältigung z.B. durch Kooperation mit Bereichen der Jugendhilfe, Arbeitsmarkt -, Sozial-, Gesundheits- und Stadtplanungspolitik.
  • durch Vernetzung und Kooperation vorhandene Ressourcen nutzen,
  • Empowerment: Stärken - und nicht defizitorientiert arbeiten
  • Selbstverantwortlichkeit fördern, soziale Kompetenzen erweitern. Setzt an den Cliquen, den Peer-Groups an, gefördert werden sollen Mitbestimmung, Übernahme von Verantwortung, Wertschätzung.
  • Geschlechtsspezifisch arbeiten. Ursachen, Hintergründe und Erscheinungsformen von Gewaltbereitschaft- und verhalten sollen geschlechtsspezifisch differenziert betrachtet werden, z.B. sollte reflektiert werden, wie die Umgebung von Mädchen und Jungen genutzt und erobert wird. Notwendig ist die Geschlechtersensibilisierung von Fachkräften.
  • Unterstützung in Notlagen, Entsolidarisierung entgegen treten, Zivilcourage fördern, Handlungssicherheit gewinnen, z.B. durch Opferarbeit oder auch Theaterworkshops
  • Öffentlichkeitsarbeit entwickeln

Die zentralen Ergebnisse ihrer Untersuchung finden sich in folgendem Zitat:
"Nach den Erfahrungen in den Modellregionen des Programms müssen Aktivitäten zur kommunalen Gewaltprävention sich an den Interessen der BewohnerInnen orientieren, ihre Beteiligung ermöglichen und sie zur Umsetzung gewaltpräventiver Aktivitäten motivieren Š ...‹ In einem Stadtteil, in dem die BewohnerInnen an der Gestaltung ihres Lebensraumes beteiligt sind und ein füreinander verantwortliches Zusammenleben umsetzen können, wird Gewalt und Kriminalität eingedämmt. In der Konsequenz bedeutet dies als Anforderungsprofil für kommunale Gewaltprävention: Den BewohnerInnen Verantwortung zu übertragen, ihre Identifikation mit dem Sozialraum herzustellen und sie zum Gestalten ihrer eigenen Lebensbedingungen/-welt zu motivieren."
Augenfällige Gemeinsamkeiten zwischen GWA und lokaler Kriminalprävention finden sich auch in den Studien zu verschiedenen Berliner Modellprojekten . Der Kiez, also der Teilbereich eines städtischen Bezirkes, der von seinen BewohnerInnen als Einheit wahrgenommen wird, wird dabei zum Ansatzpunkt von Maßnahmen. Neu eingeführt wird der Begriff der "sozialen Prävention" , die auf die allgemeine Verbesserung von Lebenslagen abzielt und die Arbeit mit spezifischen Zielgruppen und konkreten Problemstellungen beinhaltet und damit die beiden ersten der drei klassischen Ebenen der Kriminalprävention umfasst. "
Kernelemente dieses Präventionsansatzes sind die Aktivierung und Einbeziehung der KiezbewohnerInnen, die Ressort übergreifende Vernetzung und die Bündelung vorhandener Ressourcen im Quartier. In der Praxis bedeutet das meistens die Gründung von Kriminalpräventionsräten, Sicherheitspartnerschaften und Runden Tischen, die in den letzten Jahren wie Pilze in allen Bundesländern aus dem Boden geschossen sind. Allein in Niedersachsen gibt es 120 kriminalpräventive Gremien, deren Aktivitäten durch den "Sicherheitspartnerschafts-Erlass des Innenministerium gesetzlich unterstützt werden. Ein wichtiger Partner, der immer beteiligt ist, ist natürlich die Polizei, aber der Schlüssel zum Erfolg wird "im netzwerkartigen Zusammenwirken von lokalen Akteuren" gesehen, die Bürgerinnen und Bürger stehen dabei an erster Stelle.
In den USA hat die Stadtteil bezogene, Bürger orientierte Kriminalitätskontrolle im Rahmen von Programmen zur "neighbourhood safety" und dem "community policing" bereits eine lange Tradition. Ursprünglich ist dieser Ansatz in den 60 und 70er Jahren aufgrund der Kritik an der zentralistischen Struktur der Polizei, gewalttätigen Einsätzen und des weit verbreiteten Rassismus unter Polizeibeamten entstanden. Gefordert wurde "mehr Bürgerbeteiligung bei der Durchsetzung von Rechtsnormen und verbesserte Möglichkeiten, die Polizei bei Übergriffen zur Verantwortung ziehen zu können." Im Community Policing wurde eine Möglichkeit gesehen, die Polizeireviere von unten zu kontrollieren. Im Laufe der Jahre haben sich die Fürsprecher und Akteure jedoch gewandelt, viele konservative Befürworter einer Law- and Order-Politik kamen hinzu.
Ein wichtiges Element von Community Policing sind, neben informellen Straßenpatrouillen, die sogenannten "beat meetings", offene Foren zwischen Stadtregierung und Bürgerschaft, die zumeist von der örtlichen Polizei geleitet werden. "Mischt aktiv mit in eurem Viertel. Geht zur Verhandlung, wenn dem Gesindel, über das ihr euch beklagt, der Prozess gemacht wird und lasst den Richter wissen, dass ihr härtere Strafen wollt. Trommelt euren Stadtteilverein zusammen, zeigt Präsenz. Zieht Nachbarschaftswachen auf und patrouilliert durch die Straßen".
In Chicago ist zusätzliches städtisches Personal eingestellt worden, das eine enge Bindung zum Gemeinwesen aufbauen soll. Die MitarbeiterInnen gehen in den Stadtteilen von Tür zu Tür, laden die AnwohnerInnen zu den beat meetings ein und motivieren sie, aktiv an den Polizeiprojekten teilzunehmen. Gezielt wird dabei nach Schlüsselpersonen gesucht, die trainiert werden können. Um Anreize zu schaffen, sichert die Stadt den BürgerInnen, die aktiv mitarbeiten zu, ihre Angelegenheiten in der Verwaltung vorrangig zu behandeln.. Obwohl die öffentliche Sicherheit das eigentliche Thema ist, werden Fragen der Lebensqualität in den Stadtteilen allgemein diskutiert. Diese meetings verdrängen anscheinend andere Formen nachbarschaftlicher Netzwerke und konkurrieren mit Terminen von community groups und Bürgerausschüssen.
Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich auch hierzulande ab. Die Sicherheitskonferenzen bringen im Grunde die gleichen Zielgruppen an einen Tisch wie die Stadtteilkonferenzen im Rahmen der sozialen Stadtteilentwicklung. Der Zusammenhang zu Programmen der sozialen Stadtentwicklung wird auch bewusst hergestellt. Gemeinsamer Nenner ist die Aufwertung von Quartieren und die Verbesserung der Lebenssituation. Die Schaffung von Begegnung und Kommunikation und die Einbeziehung der BewohnerInnen in Planungs- und Veränderungsmaßnahmen sollen die Identifikation mit dem Stadtteil und die sozialen Beziehungen und damit letztlich die soziale Kontrolle stärken. Und die ist das A und O der Kriminalprävention.
Unter sozialer Kontrolle werden Maßnahmen verstanden, die darauf abzielen, konformes Verhalten zu erreichen bzw. sein Ausmaß zu erhöhen und abweichendes Verhalten zu verhindern bzw. zu reduzieren. Auch im Falle des Tarantula-Projektes ging es u.a. darum, Menschen zu motivieren, soziale Kontrolle auf gewalttätige Lebenspartner ihrer Nachbarinnen auszuüben. Damit besteht jedoch die Gefahr, eine Entwicklung zu fördern, die auf eine zunehmende Entgrenzung zwischen Sozial- und Ordnungspolitik und die Etablierung der "Kriminalpolitik als Metapolitik" hinausläuft.


Welche Sicherheit für wen?

Maßnahmen und Programme werden heutzutage zunehmend weniger von den Bedürfnissen der Menschen vor Ort her entwickelt, sondern unter dem Vorzeichen von Sicherheit und Ordnung. Jede sozialpädagogische oder städtebauliche Maßnahme, ob nun Mitternachtsbasketball oder die Anlage von Mieterbeeten wird tendenziell zu einem Element der Kriminalitätsbekämpfung. Dafür gibt es dann auch öffentliche Gelder. Sicherheit zieht, soziale Bedürftigkeit nicht. "Sicherheit" umfasst hier nicht Fragen sozialer Sicherheit wie die Sicherheit, auf eine gute Krankenversorgung, auf ein menschenwürdiges Auskommen im Alter zählen zu können, auf erschwinglichen Wohnraum, Bildung und Perspektiven für die Kinder oder auch gesunde Luft, sauberes Wasser und das Abnehmen militärischer Konflikte. "Nicht gesellschaftliche Ausgrenzung und wachsende Zukunftslosigkeit ist der Ausgangspunkt der Sicherheitskonferenzen, sondern die Auffälligkeiten einzelner Personengruppen werden durch die Betonung eines eingeschränkten Sicherheitsaspektes in den Vordergrund gedrängt".
Legnaro ordnet die Allgegenwärtigkeit des Topos der "urbanen Verunsicherung" und die neuen kriminalpolitischen Strategien in den Kontext der ökonomischen Umstrukturierungen im Post-Fordismus, die Diskussion um eine "new urban underclass", die soziale und ökonomische Exklusion ganzer Bevölkerungsgruppen sowie die Herrschaftstechniken einer entwickelten Marktwirtschaft ein.
Ein Kennzeichen der aktuellen Entwicklung ist, dass unangepasstes Verhalten und Aussehen, bestimmte soziale und jugendkulturelle Praxen, wie Grafffiti-Sprayen oder öffentliches Musikhören aus Ghettoblastern oder das "Herumlungern" im öffentlichen Raum verschärft polizeilich geahndet werden. Als Erscheinungen von "social disorder", verstärkt durch Phänomene wie Vermüllung oder dem Verfall von Gebäuden, beeinträchtigen sie, so wird häufig behauptet, das "subjektive Sicherheitsgefühl" der BürgerInnen. Obwohl rein subjektiv und individuell verschieden, keinen transparenten Kriterien unterliegend und mitnichten von rechtlicher Relevanz spielt die "gefühlte Sicherheit unter der Bewohnerschaft ... daher zunehmend als Kriterium eine Rolle, an dem sich politische Programme und praktische Maßnahmen auf der kommunalen Ebene ... orientieren."
Der dominante Sicherheitsdiskurs konstruiert einen inneren Zusammenhang zwischen den genannten "disorder"-Phänomenen und der Zunahme von Kriminalität. Die Konsequenz ist die Propagierung eines niedrigschwelligen, kompromisslosen Eingreifens. Die gesteigerte Präsenz von Sicherheitsdiensten und Polizei, das Anbringen von Überwachungskameras in Bahnhöfen, U-Bahnen, in Straßen, auf öffentlichen Plätzen und die Platzverweise gegen Obdachlose und Junkies stehen diesem Zusammenhang. Besonders häufig betroffen sind hierbei junge Migranten. Nicht Armut oder die Drogenabhängigkeit werden so bekämpft, sondern die Armen, die "Fremden" und die KonsumentInnen illegaler Drogen. Der strafende Staat scheint den helfenden Staat abzulösen. Die oben genannten sozialen Gruppen, d.h. die Zielgruppen und NutzerInnen Sozialer Arbeit, werden nahezu pauschal zum Sicherheitsrisiko erklärt , die durch Polizei, wachsame BürgerInnen und gestalterische Maßnahmen in Schach gehalten werden müssen.
Dazu einige Schlaglichter:
Szene A: Versammlung der Geschäftsleutevereinigung in St.Pauli. Als Redner eingeladen ist der Chef der örtlichen Polizeiwache. Sonst nicht gerade bekannt wegen auffallend liberaler Gesinnungen wird er schon bald zum Verteidiger von Gesetz und Demokratie angesichts der massiven Forderungen aus dem Publikum, "das Gesocks" (gemeint sind bettelnde arme bzw. obdachlose Menschen) von der Hauptgeschäftsstraße zu vertreiben und härter durchzugreifen. Mit großen Bedauern nehmen die Anwesenden zur Kenntnis, dass in Deutschland Freizügigkeit gilt und der Wegelagerer-Paragraph abgeschafft wurde. Dafür kursieren dann Geschichten, vorgetragen in heldenhaften Ton, wie man bereits zur Selbsthilfe gegriffen habe, indem man den "Rumlungernden" von oben tüchtig Wasser über den Kopf gegossen habe. Nachahmung wird empfohlen.
Szene B: Mieterversammlung in St.Pauli. BewohnerInnen eines Hochhauses werden von der Wohnungsbaugesellschaft über die Einrichtung einer Pförtnerloge informiert. Obwohl es in Zukunft also jemanden geben wird, der überwacht, wer wann das Haus betritt, ist vielen das nicht genug. Videokameras werden verlangt, für den Eingang, den Fahrstuhl, das Treppenhaus, die Flure. Zumindest zu diesem Zeitpunkt will der Vertreter der Wohnungsbaugesellschaft den Wünschen der MieterInnen nicht entgegenkommen.
Szene C: Die Broschüre Sicheres Wohnquartier. Gute Nachbarschaft empfiehlt über den Ansatz der Territorialität eine Zonierung der Wohnumwelt anzustreben, "die gegenüber Fremden Barrieren schafft und den Bewohnern die soziale Kontrolle erleichtert." Das Engagement der Bewohnerschaft gilt als eine wichtige Komponente der Kriminalprävention, ich lese : "Wehrhaft' und 'verteidigungsbereit' ist ein Wohnquartier nur, wenn sich die Bewohnerinnen und Bewohner 'zu verteidigen' wissen. Es steigert die Lebensqualität, wenn man der Nachbarschaft vertrauen und sich darauf verlassen kann, dass sie genauso wachsam die Ereignisse im Quartier beobachtet, wie man das selber tut".
Trotz der Anführungszeichen, die für einen Rest von Unbehagen an der eigenen "Marschrichtung" stehen mögen, ist die Botschaft klar und schließt den Kreis zu dem Eingangszitat aus San Francisco.


Kriminalpolitik rules

Ziel der gemeinwesenorientierten Kriminalprävention ist, BürgerInnen, Vereine, lokale Institutionen zu aktiven Verbündeten der Regierungsstrategien zu machen und Selbstregulierungsmechanismen zu formen und zu fördern.
"Community policing, crime prevention panels, Safer Cities programs, crime prevention through Environmental Design projects, Businees Improvement Districts, Neighbourhood Watch, city management authorities - all of these overlapping and interconnecting activities combine to produce the beginnings of a new crime control establishment that draws upon the new criminologies of everyday life to guide its actions and mould its techniques"
Diese Maßnahmen überspringen die Grenze zwischen privat und öffentlich, sie sind keine Angelegenheit mehr ausschließlich von Professionellen und speziellen staatlichen Institutionen, das Konzept der Kriminalitätsbekämpfung hat sich ausgeweitet. Sie stehen für eine Dezentrierung sowohl der zuständigen staatlichen Institutionen als auch der politischen und kriminologischen Rationalitäten, auf denen sie beruhen. Das Konzept des strafenden Staates, seine Strategien des Weg- und Ausschließens von Menschen werden ergänzt durch kontinuierliche, niedrigschwellige Maßnahmen zum Aufbau sozialer Kontrollmechanismen innerhalb von Nachbarschaften und Gemeinden und der Förderung von Übernahme polizeilichen Verhaltens mit dem Ziel "to encourage communities to police themselves".
Diese neuen Strategien sind Teil einer deutlich veränderten gesellschaftlichen Reaktion auf Kriminalität. Im folgenden möchte ich einige dieser Veränderungen skizzieren, die m.E. relevant sind für die Einschätzung der Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten einer Gemeinwesenarbeit, die sich mit Themen lokaler Kriminalprävention beschäftigt bzw. aufgrund der aktuellen Entwicklungen herausgefordert ist, sich dazu zu verhalten.
Die aktuellen Mechanismen der Kriminalitätskontrolle werden vor allem durch zwei Aspekte bestimmt: die spezifische soziale Organisation der Spätmoderne und die marktwirtschaftlich orientierte, sozial konservative Politik. Die neue Art der Kriminalitätskontrolle liefert Argumente für die Legitimierung einer gegen den Wohlfahrtstaat gerichteten Politik und für die Darstellung der Armutsbevölkerung als unfähige Unterklasse. Es existiert ein Nebeneinander von "Law and Order" Politik und partnerschaftlichen, präventiven Ansätzen in der Kriminalitätsbekämpfung, von formeller Kontrolle durch staatliche Institutionen und informellen, sozialen Kontrollen, die in den Alltagsaktivitäten der Zivilgesellschaft verankert sind.
Dies spiegelt die Ambivalenz der Öffentlichkeit wieder. Die Aufmerksamkeit für diese Probleme ist nicht einfach von den Medien herbei geschrieben oder auf politische Rhetorik zurückzuführen. Sie gründet auch in den Alltagserfahrungen der Menschen. Die Übernahme von Strategien wie dem "community policing" in Form der "bürgernahen Poliziearbeit" sind auf die Unterstützung der Öffentlichkeit und die Verbreitung von präventiven und kontrollierenden Verhaltensweisen angewiesen. Den sich verändernden kulturellen Haltungen kommt für die Entwicklungen in der Kriminalpoliitk erhebliche Bedeutung zu.
Während historisch die Periode zwischen 1890 und 1970 durch einen Prozess der Rationalisierung und Zivilisierung im Strafsystem charakterisiert ist, tauchen heute anti-modern wirkenden Konzepte von Vergeltung und expressive Bestrafungsgesten vermehrt wieder auf.. Die Veränderungen in den Formen der Kriminalitätskontrolle müssen im Rahmen der Umstrukturierungen der Gesellschaft und der Institutionen, die für die Produktion von Ordnung zuständig sind analysiert werden. Zur Zeit wird das Feld der Kriminalitätskontrolle als Ergebnis politischer und administrativer Entscheidungen refiguriert, welche ihrerseits in einer neuen Struktur sozialer Beziehungen und kultureller Haltungen gründen.
Der Niedergang des Ideals der Rehabilitation und die Renaissance des strafenden Staates sind Indikatoren für den tief greifenden Wandel in diesem Feld. Das Vertrauen in den Fortschritt bei der Kriminalitätsbekämpfung und in eine rationale Strafjustiz, in die Werte von Humanität, Würde sowie das Mitgefühl für die weniger Glücklichen in der Gesellschaft haben an Bedeutung verloren. Die Kriminalitätsfurcht hat, unabhängig von Schwankungen in der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung, stark zugenommen und wird als eigenständige Problematik betrachtet. In der Folge werden Maßnahmen debattiert, die nicht die Verbrechensrate, sondern die Kriminalitätsfurcht reduzieren. Straftaten werden zunehmend dramatisiert und der Schutz der Öffentlichkeit vor dem Staat wird abgelöst durch Forderungen nach Schutz durch den Staat. Die Sorge um die Verletzung der Bürgerrechte scheint weniger gravierend zu sein als z.B. die vorzeitige Freilassung von Straftätern. Innere Sicherheit ist zu einem wichtigen Wahlkampfthema geworden, wobei eine Angleichung der Forderungen und Konzepte der unterschiedlichen Parteien zu beobachten ist. Der "Stimme des Volkes" wächst eine neue Autorität zu, während Fakten und Expertenmeinungen in der öffentlichen Debatte an Gewicht verlieren, es sei denn, sie stützten die populistische Rhetorik. Das Gefängnis, in den 70er Jahren eine diskreditierte Institution, wird heute eher als unverzichtbarer Pfeiler der Gesellschaft angesehen. Das ökonomischen Denken hält über Risikomanagementtechniken, Monitoringsysteme und andere Maßnahmen zur Steigerung von Effizienz und Kostenersparnis Einzug in die Kriminalitätskontrolle. Staatliche Aufgaben werden auf private Sicherheitsdienste verlagert und damit kommerzialisiert.
Als Ursachen für Kriminalität galten in der Nachkriegsperiode individuelle Abweichung und individuelles Unvermögen aufgrund von sozialer Ungleichheit, Bedürftigkeit und Benachteiligung. Die Lösung wurde dementsprechend in individuellen Korrekturansätzen, Unterstützung von Familien und Verbesserungen im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt gesehen und korrespondierten mit der Rationalität des Wohlfahrtsstaates.
Heute erscheint kriminelles Handeln als Resultat mangelnder Kontrolle rational handelnder Akteure. Dominante Themen sind: soziale Kontrolle, situationsspezifische und Selbst-Kontrollen. Das Menschenbild ist geprägt von der Annahme, dass alle Individuen eine Tendenz zu anti-sozialem, kriminellen Verhalten haben und die Umsetzung abhängig ist von Gelegenheiten und der Kontrolle durch Familie, Nachbarschaft oder den Staat. Auch das Opfer gilt in dieser Logik als eine Person, die Gelegenheiten zu kriminellem Handeln schafft. Straftaten werden als unausweichlicher Bestandteil moderner Gesellschaften gedacht, StraftäterInnen als normale Personen, als "rational-choice-actors", die Kosten und Nutzen ihrer Handlungen abwägen. Gesellschaftliche Hintergründe und biographische Gewordenheiten spielen kaum noch eine Rolle. Die AkteurInnen gelten als für sich selbst verantwortlich Handelnde und damit auch als selbst schuld. Der Fokus hat sich deshalb weg vom Täter auf die Reduzierung von kriminogenen Situationen, von kriminalitätsfördernden Gelegenheiten hin verschoben. Solche Strategien können als "postsozial" und "symptommanageriell" bezeichnet werden.
Die beschriebenen Strategien der Kriminalitätskontrolle und die zugehörigen Konzepte werden nicht angewandt, weil sicher ist, dass sie die Probleme lösen, sondern weil sie Probleme auf eine Art artikulieren und bearbeiten, die mit der dominanten Kultur und den zugrunde liegenden Machtstrukturen zusammen passt. Die genannten Entwicklungen sind nicht einheitlich, zum Teil sogar widersprüchlich, sie bewegen sich auf unterschiedlichen Ebenen und sind verbunden mit der Restrukturierung weiterer Dimensionen des Sozialen und Ökonomischen und dem Aufkommen einer neuen, neoliberal geprägten politischen Rationalität.


Führe dich selbst

Im anglo-amerikanischen Raum sind in den letzten Jahren die "governmentality studies" im Anschluß an Foucaults Konzept der "Gouvernementalität" entstanden, die m. E. wichtige Impulse und theoretisches Werkzeug zur Rahmung und Analyse der genannten Prozesse und Praktiken liefern. Auch hierzulande nehmen die Veröffentlichungen und Debatten zu, die sich auf diesen Ansatz beziehen.
Zentral für Foucaults Konzept der Gouvernementalität ist der Begriff der Regierung, den er als wechselseitige Konstitution von Machttechniken und Wissensformen entwirft. Demnach sind Machttechnologien nicht ohne Einbeziehung der sie anleitenden politischen Rationalität zu analysieren. Der Begriff umfasst weit mehr als nur die politische Regierungsform. Er knüpft an frühere Bedeutungen wie Selbstbeherrschung, Leitung der Familie, Steuerung des Haushalts, Lenkung der Seele an. "Regierung" bezieht sich also auf unterschiedliche Praxisfelder und Handlungsformen, die auf die Lenkung und Kontrolle von Individuen und Kollektiven abzielen und sowohl Techniken der Fremd- wie der Selbstführung beinhalten und wird auch als "Führung der Führungen" beschrieben. Bezeichnet wird ein bewegliches Gleichgewicht zwischen Techniken, Zwang auszuüben und Prozessen der Selbstkonstitution. Auf diese Weise kommt der Zusammenhang zwischen Herrschafts- und Selbsttechnologien, zwischen Macht und Subjekt in den Blick. Die Machtverhältnisse sind den Subjekten nicht äußerlich. Sie sind von ihnen durchzogen, gestalten sie aktiv mit und sind somit Teil dieser Verhältnisse. In seiner Untersuchung der liberalen und neoliberalen politischen Realität macht Foucault deutlich, wie die "Selbstregulierungsfähigkeit von Individuen und Gruppen mit ökonomischer Profitmaximierung und gesellschaftspolitischen Zielen verknüpft wird". Im Neoliberalismus wird das Soziale mit dem Ökonomischen zusammengeschlossen, die Grenzlinie, die dazwischen existierte, wird aufgelöst. Der neoliberale Staat privatisiert und individualisiert die Risiken der gesellschaftlichen Umbrüche. Es geht dabei nicht um das Ende des Sozialen, sondern seine Topographie wird verändert. "Die Krise des Keynesianismus und der Abbau des "Wohlfahrtsstaates" bedeuten nicht die Rückkehr zu frühliberalen Politikmodi, sondern ein Umcodieren der Sicherheitspolitik, das die Entwicklung von interventionistischen Technologien ermöglicht, die Individuen führen und anleiten, ohne für sie verantwortlich zu sein. Der Neoliberalismus ermutigt die Individuen, ihrer Existenz eine unternehmerische Form zu geben" Der Staat agiert zunehmend "in einer 'Regierung aus der Distanz". Die Praktiken des Regierens werden auf Akteure außerhalb der traditionellen staatlichen Apparate vorverlagert, d.h. die Rolle nicht-staatlicher, 'autonomer' sozialer Akteure, sowohl der Individuen, als auch von Organisationen verschiedenster Art wird aufgewertet. Dabei handelt es nicht um Herrschaftsverzicht des Staates, sondern ein Kennzeichen neoliberaler Gouvernementalität.
Neoliberale Regierungen arbeiten mittels der Freiheit und des Handelns von Individuen und Agenturen und indirekter Mittel der Überwachung und Regulierung dieses Handelns. Es werden einerseits Kontrakte geschlossen, Partnerschaften verhandelt und geschlossen, Handlungsfähigkeit, Wahlmöglichkeiten und Freiheit von Individuen und Verbänden z.B. durch empowerment unterstützt. Andererseits werden Normen und Standards gesetzt, benchmarking und Qualitätskontrollen eingeführt, um Verhalten zu messen, zu beurteilen. Die Fähigkeiten und Ressourcen von Individuen, Vereinigungen, Bewegungen und Gruppen werden operationalisiert. Fortgeschrittene liberale Praktiken sind in dem Sinne reflexiv, dass sie zunächst für das genuine Vermögen der Menschen, selbst zu handeln, sich selbst zu "regieren" werben, um dann mittels dieses Vermögens zu regieren.
"Where the political and cultural movements sought a utopian vision of the emancipated self, however, the neo-liberal critiques of the welfare state sougth to redeploy the 'free subject' as a technical instrument in the achievement of governmental purposes and objectives".
Foucaults Ansatz ermöglicht, das Feld der Kriminalitätskontrolle als ein Feld von Machtbeziehungen und Subjektivierungen zu analysieren. Die neue ökonomische Rationalität generiert neue Subjektivierungsformen, die von Individuen und Organisationen übernommen werden wie z.B. den "homo prudens", das sicherheitsbewusste, Kriminalität verhindernde Subjekt.
Eine Responsibilisierung von Individuen, Familien, bestimmter Bevölkerungsgruppen ist zu beobachten, sie werden für den Umgang mit Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Altersarmut, schlechte Schulabschlüsse selbst verantwortlich gemacht. Die Verantwortlichkeit für Risikominimierung wird zu einem Bestandteil der Wahlentscheidungen, die Haushalte, Individuen und Gemeinden als KonsumentInnen, KlientInnen und NutzerInnen von Dienstleistungen zu treffen haben. Die Verkoppelung von Risikotechnologien mit zeitgenössischen Formeln von Herrschaft bezeichnet O’Malley als "New prudentialism" (1992). Im Unterschied zum "prudentialism" des 19 Jhd. haben sich früher die Bereiche, in denen Risikomanagement erfolgt, multipliziert. Risiko stellt eher ein Kontinuum dar als einen Bruch, es verschwindet nie. Die Bevölkerung zerfällt in Risiko gefährdete Gruppen, Niedrig- und Hochrisiko-Gruppen. Die Kategorien für Hochrisiko-Gruppen entsprechen bestimmten Aufteilungen nach sozialen Klassen. Oder " the vocabulary of risk might be better be thought of as reinscribing and recoding earlier languages of stratification, disadvantages and marginalization"
Eine Spaltung entsteht zwischen den aktiven BürgerInnen, d.h. solchen, die in der Lage sind, ihre eigenen Risiken zu regulieren und den benachteiligte Gruppen, die das Risiko bilden bzw. stark Risiko gefährdet sind. Opfer haben in dieser Lesart darin versagt, ihr eigenes Risiko als Individuum oder Nachbarschaft zu managen. Also brauchen sie empowerment, sollten Unterstützergruppen bilden, eine politische Stimme artikulieren, gefährliche Orte zurückerobern, ihre Nachbarschaften durch Überwachungskameras, Bürgerwachten sicherer machen. "Community" ist ein Schlüsselbegriff innerhalb dieser Entwicklungen. Bestimmte Gruppen werden "empowered" oder gehen Partnerschaften mit Professionellen, Bürokraten oder Dienstleistern ein. Sie werden ermahnt, ihre eigenen Gemeinschaften zu managen, z.B. als schwule Männer, ethnische Gruppen, DrogenkonsumentInnen oder Opfer häuslicher Gewalt. Für die Professionellen wie SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, ÄrztInnen ergeben sich neue erzieherische, einschätzende, präventive Funktionen. An Stelle eines vereinheitlichten Wohlfahrtsstaates, haben wir eine Abfolge von fragmentierten und diskontinuierlichen Einrichtungen, die sich mit bestimmten Zielgruppen befassen. Sie arbeiten daran, Risikogruppen zu aktiven BürgerInnen zu transformieren, die sich selbst rational managen. Wer sich der Mitarbeit verweigert muss mit Sanktionen von Seiten des aktivierenden Staates rechnen, denn die Förderung der Einzelnen ist an klare Forderungen zur Übernahme bestimmter Verhaltensweisen gekoppelt.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Regierung in der Perspektive der "Governmentality Studies" stattfindet über Freiheitspraktiken und Vorherrschaft, Unterwerfung und Subjektivierung, über Zwang und Konsens.


GWA - es kommt drauf an, was man draus macht

Die Rahmenbedingungen für GWA haben sich in den vergangenen 30 Jahren verändert. Ehemals fortschrittliche Ansätze und Prinzipien werden in neoliberale Strategien eingebettet und verlieren ihren emanzipatorischen Gehalt. GWA ist nicht per se gut, fortschrittlich und nachahmenswert. Mit ihrem Credo von Aktivierung und Beteiligung, von Unterstützung der Handlungsfähigkeit und des sozialen Kapitals könnte sie - so meine These - als eine Technologie neoliberaler Gouvernementalität betrachtet werden, die zwischen der subjektiven Ebene der Individuen in ihrer Lebenswelt und den Regierungszielen im Rahmen des aktivierenden Staates vermittelt.
Trotzdem vertrete ich nach wie vor das Prinzip Gemeinwesenarbeit und denke, es essentiell für die Soziale Arbeit. Den Handlungsansatz von GWA bewerte ich in Bezug auf die geschlechtsspezifische Anti-Gewaltarbeit insgesamt als innovativ und weiterführend. Die Stärkung der Frauen vor Ort durch ein handlungsfähiges, solidarisches Netzwerk von NachbarInnen und Professionellen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Betroffenen den Mut haben, sich gegen den Misshandler zur Wehr zu setzen. Nur wenn sie sich einigermaßen geschützt und sicher fühlen, werden sie den Mut haben die neuen gesetzlichen Möglichkeiten, wie sie z.B. das Gewaltschutzgesetz bietet, auszuschöpfen. Ich halte es für unzumutbar, wenn die Frauen und Kinder aus Angst vor dem Partner bzw. Vater auf die Flucht gehen müssen, statt Wohnung, Sozialkontakte und damit verbundene Ressourcen behalten zu können.
Um nicht in das Fahrwasser einer repressiven Sicherheitspolitik zu geraten und um den veränderten politischen Rahmenbedingungen und Rationalitäten Rechnung zu tragen, möchte ich zum Schluss folgende Anforderungen an die Gemeinwesenarbeit formulieren:

  1. Wenn es zutrifft, dass alle gesellschaftlichen Bereiche zunehmend dem Primat der ökonomischen Profitlogik untergeordnet werden und die Propagierung von freiwilligem Engagement und Selbstverantwortung der Bürger den Abbau sozialstaatlicher Leistungen kompensieren soll, müssen Theorie und Praxis der GWA deutlich kritischer reflektiert werden als das zur Zeit der Fall ist. Die Tatsache, dass Prinzipien und Elemente der GWA in anderen Disziplinen aufgegriffen werden, kann als Erfolgsgeschichte gelesen werden. Sie kann aber auch ein Beleg für meine oben genannte These sein.
    Ziel dieser Reflektion wäre, den professionellen Denk- und Handlungsspielraum zu erweitern, um nicht blinden Auges zum Bestandteil des neoliberalen Umbauprogramms zu werden. Es geht darum, eine bestimmte Form der Kritik zu ermöglichen, die die Selbstverständlichkeit solcher Begriffe und Methoden wie u.a. "Aktivierung", "Eigenverantwortung", "Beteiligung" oder "soziale Kontrolle" auflöst. So könnte sich ein Raum öffnen, in dem es möglich ist, darüber nachzudenken, wie Dinge anders getan werden könnten, die Punkte herauszustellen, wo Widerspruch und Veränderung geboten ist und aufzuzeigen, welche Schwierigkeiten damit verknüpft sind. Es geht also um den Versuch, mehr Klarheit über die Bedingungen zu gewinnen, unter denen wir heute in der GWA denken und handeln.
    Wenn die Förderung zur Eigenverantwortung und die Aktivierung der BewohnerInnen benachteiligter Quartiere zu selbstverständlichen Satzbausteinen in der Fachliteratur, in Kolloquiums- und Diplomarbeiten werden und Formulierungen nahe legen, dass die Konzentration von Armen und nicht die Armut selbst das Problem sind, dann wird die Stigmatisierung des eigenen Klientels und die Legitimierung des schlanken und strafenden Staates selbst übernommen. Aber: strukturelle Veränderungen in gesellschaftlichen Feldern vollziehen sich langsam. Sie sind nicht die Konsequenz unausweichlicher oder mystischer Prozesse, sondern resultieren aus sich wiederholendem Handeln der jeweiligen Akteure dieses Feldes " A new configuration does not finally and fully emerge until it is formed in the minds and habits of those who work this system" Hier hat Lehre und Forschung Einfluss und damit eine besondere Verantwortung.
  2. Welche Praktiken und Diskurse sich durchsetzen ist stets umkämpft und hängt von gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen ab. Hier sollte GWA sich deutlich positionieren, d.h., wie Oelschlägel immer wieder gefordert hat, sie muss politisch werden. Insbesondere gilt es, für das Grundprinzip einer solidarischen Gesellschaft zu streiten, die soziale Rechte garantiert und für eine Chancengleicheit ihrer Mitglieder, die nicht nur kulturell, sondern auch materiell gefasst wird.
    Foucaults Regierungsbegriff vom "Führen der Führungen" impliziert, dass der- bzw. diejenige, die geführt wird, gleichzeitig auch Handelnder ist. Ihr Handeln ist für die Herrschenden nicht völlig vorhersehbar und beinhaltet damit ein Freiheitsmoment. Macht wird nicht statisch verstanden, sondern als dynamisches Spiel von Kräften. Demnach gibt es keine Macht ohne potentielle Verweigerung oder Aufruhr.
  3. Es ist erforderlich, gegen die Dominanz des Sicherheitsdiskurses und der Ordnungspolitik, die ganze Zielgruppen der Sozialen Arbeit kriminalisiert bzw. zu "gefährlichen Klassen" erklärt, Stellung zu beziehen. Zwischen Sozialarbeit und Polizeiarbeit sollte es nicht zu osmotischen Prozessen kommen. Die Ausgliederung der Wohlfahrtspflege aus dem Zuständigkeitsbereich der Polizei halte ich für eine der bedeutendsten Errungenschaften der Aufklärung. Andererseits sollte Soziale Arbeit den Begriff der Sicherheit nicht der Innenpolitik oder der Justiz überlassen. Sie darf die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen im kriminalpolitischen und im umfassenderen Sinne, nicht ignorieren. Die Herausforderung an die Soziale Arbeit ist, Themen wie die Gewalt im sozialen Nahbereich aufzugreifen, ohne repressive, ausgrenzende Praxen zu befördern.
  4. Wenn Soziale Arbeit mit dem Handlungsansatz der Gemeinwesenarbeit zum Abbau von Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich beitragen will, muss sie ihren Begriff von "Sicherheit" und ihr Verhältnis zu Interventionen in die Privatsphäre definieren. Gerade in Zeiten von "Sicherheitspaketen", der Legalisierung von Lauschangriffen, der steigenden Verbreitung von Videoüberwachung und Einrichtung von Pförtnerlogen in Wohnhäusern ist die Forderung nach Einmischung in Geschehnisse innerhalb des häuslichen Bereiches ambivalent.

Alle diese Einwände und Anforderungen sollen nicht dazu führen, die traditionelle Tabuisierung der privat ausgeübten Gewalt mit neuen Argumenten fest zu schreiben. Ich plädiere dafür, das Thema Sicherheit aufzugreifen, ohne seine Verkürzungen mit zu tragen; für die Stärkung der eigenständigen Bedeutung von Sozialer Arbeit und die Schärfung ihres fachlichen Profils einzutreten und für die klare Grenzziehung zur Kriminalpolitik. Anders gesagt könnte die Losung lauten: "Mit Sicherheit Sozialarbeit!"


Fußnoten:

1) Der Titel bezieht sich einerseits auf ein Buch von Uwe Painke (2001) über "Neighborhood Safety" in den USA und nimmt andererseits Bezug auf die z.T. militante Sprache im Bereich der lokalen Kriminalprävention, wo es um "wehrhafte", "verteidigungsbereite" Nachbarschaften geht, vgl. Niedersächsisches Innenministerium 2003: 6, 8, 40
2) Die Autorin war als Gast anwesend.
3) vgl. Stövesand 2002
4) Name geändert
5) Übergriffe gegen Frauen und Mädchen sind weltweit die häufigste Menschenrechtsverletzung (vgl Heiliger 1997, Schmidt-Heuer 2000). Nach Schätzungen des bayrischen Sozialministeriums werden pro Jahr 4 Millionen Frauen von ihren Ehemännern in Westdeutschland misshandelt, Gewalttätigkeiten kommen in jeder dritten Ehe vor (BMJFFG, 1987) Jedes Jahr fliehen ca. 45.000 Frauen und Kinder in bundesdeutsche Frauenhäuser (vgl. Kavemann u.a. 2001). Schätzungen gehen davon aus, das jede siebte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung geworden ist (Brückner 2002), die Täter stammen i.d.R. aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis. Diese Gewalt kommt in allen sozialen Schichten vor.
6) Die Schill-Partei oder auch Partei Rechtsstaatliche Offensive erreichte im September 2002 bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen aus dem Stand 20 % der WählerInnenstimmen. Inhaltlich zentral waren populistisch aufbereitete Forderungen nach Sicherheit und Ordnung, sowie ausländerfeindliche Ressentiments.
7) Bohn/Kreft/Segel 1997: 57 ff
8) ebd: 25
9) vgl.Behn/de Vries 1999 und Behn/Brandl/ de Fries 2000
10) Behn/de Vries 1999: 40
11) Die tertiäre Ebene umfaßt Maßnahmen, die nach einer Straftat einsetzen und Rückfälle vermeiden helfen sollen, vgl. Painke 2001: 414
12) Niedersächsiches Innenministerium 2003: 46
13) Painke 2000:65
14) Polizeibeamter Chicago, zit. in Klingenberg, Le Monde Diplomatique 2/01
15) vgl. Klingenberg, ebd.
16) vgl. Lamnek 1997: 216
17) Frehsee zitiert in Lindenberg 2001: 54
18) vgl. dazu die Papiere zur Anhörung der GAL Bürgerschaftsfraktion HH, 2000
19) Lindenberg 2001: 54
20) vgl. Legnaro 2000, 39
21) Das gilt besonders für die so genannten "Visitenkarten" der Stadt, d.h. die Innenstadt, Bahnhöfe oder touristische Anziehungspunkte.
22) Niedersächsisches Innenministerium 2002: 16
23) vgl.Wilson/Kelling 1996, 121 ff. Ihr Aufsatz lieferte auch für die bundesdeutsche und die Legitimierung der oben beschriebenen Maßnahmen wichtige Argumente.
24) Eine Sammlung von Presseberichten und offiziellen Papieren dazu findet sich unter www.lichter-der-grossstadt.de
25) Niedersächsisches Innenministerium, 2003: 6
26) ebd.: 40
27) Garland 2001: 17, dessen Argumentation ich hier im Wesentlichen folge
28) ebd
29) vgl. Polizei Hamburg, Sicher leben in Hamburg, o. J. (ca. 1997): S.1,3
30) Auch wenn die Verhältnisse in Deutschland hier noch weit von denen der USA entfernt sind, so lassen sich Tendenzen in diese Richtung deutlich feststellen, wie z.B. die Wiedereinführung geschlossener Heime für Jugendliche, der Streichung sozialpägagogischer Maßnahmen für Inhaftierte, der demonstrative Abbau von Spritzenautomaten in Gefängnissen, dem Vorschlag zur Herabsetzung des Mindeststrafalters oder die Reduzierung von Freigängen. Der Informationsbesuch des Hamburger Justizsenators Kusch beim Sheriff Arpaio in Arizona,, der bekannt für besonders harte Maßnahmen gegenüber Gefangenen ist, deutet auf das gestiegene Interesse an strafenden statt rehabilitierenden Ansätzen im Justizwesen hin.
31) vgl. Ziegler, 2001, S. 27
32) vgl. u.a. Burchell u.a. 1991, Barry u.a.1996, Cruikshank 1999, Dean 1998/1999, Garland 1997/ 2001, 0'Malley 1992, Miller/Rose 1992, Rose 1999/ 2000
33) vgl. u.a. Bröckling u.a. 2000, Honneth u.a 2003, Krasmann 1999, Lemke 1997, Ziegler 2003
34) Lemke 1997: 9
35) ebd.: 253/254
36) Dean 1999: 155
37) ebd.: 167
38) Das 2002 verabschiedetet Gewaltschutzgesetz ermöglicht bedrohten Frauen den gewalttätigen Partner befristet aus der Wohnung weisen zu lassen und erleichtert das Prozedere zur Überlassung der gemeinsamen Wohnung, vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 2002.
39) Garland 2001: 25
40) Foucault 1994: 92


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