Ressourcen und Lösungen im Stadtteil

Kategorie

Systemische Gemeinwesenarbeit - neue Anstöße für die Praxis?


Kontakt:

Prof. Dietmar Müllensiefen, Evangelische Fachhochschule Freiburg, Bugginger Straße 38, 79114 Freiburg, Tel.: 0761-47812-41, E-Mail: muellensiefen@efh-freiburg.de
Dieser Aufsatz wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors übernommen aus der Veröffentlichung Pfeifer/Schaupp (Hrsg., 2002): Systemische Praxis. - Lambertus, Freiburg im Breisgau. S. 177ff.


Im vorliegenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwieweit der systemische Ansatz auch für Gemeinwesenarbeit (GWA) bzw. Stadtteil- und Quartiersarbeit nützlich sein kann. Der Autor bezieht sich dabei auf Erfahrungen aus einer über zwölfjährigen Begleitung eines GWA-Projekts in Freiburg im Breisgau. Dieses Projekt wurde beim Bundeswettbewerb „Soziale Stadt 2000" besonders ausgezeichnet.
In einem ersten Schritt wird dieses relativ groß dimensionierte GWA-Projekt in seinen Grundzügen vorgestellt. Anschließend wird dargelegt, was daran als „systemisch" gelten kann.
Im zweiten Schritt erfolgt dann der Versuch, einige systemtheoretische Erkenntnisse als nützlich für eine theoretische Fundierung der GWA herauszuarbeiten.
Abschließend wird gefragt, unter welchen subjektiven Voraussetzungen sich Bewohner als Betroffene aktiv engagieren.


1. Projektbeschreibung

In einer Großraumsiedlung, die zwischen 1967 und 1972 errichtet wurde, ist das Gemeinwesenarbeitsprojekt angesiedelt.
Auf rund einem Quadratkilometer fanden 12.000 Menschen in kürzester Zeit eine neue Bleibe. Die Bauweise zeichnet sich zum großen Teil durch eine hohe Verdichtung mit einer großen Anzahl von Hochhäusern aus. Der überwiegende Teil der Wohnungen wurde im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues erstellt.
Anfangs bestand eine relativ ausgewogene Sozialstruktur in der Bevölkerung. Nach und nach wurde sie jedoch immer einseitiger. Sozial aufstrebende Familien zogen fort, sozial benachteiligte Familien zogen nach. Besonders problematisch verlief die Entwicklung in einem baulich außerordentlich verdichteten Wohnquartier mit ca. 2.500 Bewohnern. Einige Bewohner sahen diese Entwicklung mit Sorge. Sie bildeten eine Bewohnerinitiative. Unter Hinzuziehung von Fachleuten entwickelte diese ein Rahmenkonzept zur baulichen Instandsetzung und Aufwertung sowie zur Verbesserung der Sozialstruktur und zur sozialen Stabilisierung.
Aus der Initiative ging 1989 ein Bewohnerverein hervor. Nach zähem Ringen übernahm die Kommune die Sachkosten sowie die Personalkosten für einen Gemeinwesenarbeiter und eine Büroangestellte. Der Bewohnerverein konnte in eigener Trägerschaft ein hauptamtlich besetztes Stadtteilbüro eröffnen. Hauptsächliches Ziel war, die bauliche Sanierung mit sozialen Begleitmaßnahmen durchzusetzen. Dazu notwendig war die Aufnahme in ein Landesförderprogramm.
Durch aktivierende Bewohnerbefragungen im Quartier, öffentliche Aktionen, Gespräche mit Politikern des Landes und der Stadt konnte das Sanierungsprojekt schließlich politisch durchgesetzt werden. Das Investitionsvolumen der baulichen Maßnahmen beträgt 52 Mio. DM, verteilt auf zehn Jahre.
Ein Sanierungsbeirat wurde eingerichtet, der sich aus gewählten Bewohnervertretern, Gemeinderäten, Vertretern von Stadtteilinitiativen sowie einem Vertreter der im Gebiet ansässigen Geschäftsleute zusammensetzt. Beratend nehmen Fachleute aus der städtischen Verwaltung und des baulichen Sanierungsträgers teil.
Das Sanierungskonzept beinhaltet neben der baulichen Sanierung im Wohnungsbestand, Wohnumfeld und öffentlichen Bereich mehrere - ebenso wichtige - soziale Begleitmaßnahmen. Dazu gehören:

  • Freistellung der Sozialwohnungen von der Belegungsbindung, um sozial stabile und einkommensstärkere  Familien im Quartier zu halten;
  • Mietermitbestimmung bei der Neubelegung von Wohnungen, um über die hierdurch mögliche selbstverantwortliche Feinsteuerung von Wohnungsnachbarn zu intakteren Nachbarschaften zu gelangen;
  • Verbesserung der sozialen Infrastruktur durch Einrichtung eines betreuten Erlebnisspielplatzes und eines Spielhauses für Kinder; Installierung von Bewohnertreffs in den Erdgeschossen der Hochhäuser; begleitende Quartiersarbeit; Bau eines Streetballplatzes und Aufstellung eines Baucontainers als Treffpunkt für Jugendliche;
  • Einrichtung eines Beschäftigungsprojekts für Langzeitarbeitslose.

Alle genannten sozialen Begleitmaßnahmen wurden realisiert. Die bauliche Sanierung ist nach zwölf Jahren noch nicht gänzlich abgeschlossen. Das Investitionsvolumen von 52 Mio. DM ist verbraucht. Derzeit kämpft der Sanierungsbeirat um zusätzliche Fördermittel. Dazu ist eine mobilisierte Bewohnerschaft notwendig, die ihre bereits erprobte Protestkultur gegenüber dem zuständigen Ministerium des Landes neu in Szene setzen muss. Um sich in dieser komplexen Realität handlungsfähig zu machen, ist eine vernünftige und nützliche Reduktion von Komplexität notwendig. Sinnvollerweise erfolgt diese in einem fortlaufenden Diskurs zwischen betroffenen Bewohnern und professionell Beteiligten.
In den ersten Jahren war das über weite Strecken ein schwieriger Prozess.
Die Betroffenen bringen mit ihren Worten ihre alltägliche Lebenswelt unter dem Thema Wohnen zur Sprache. Die politisch, administrativ und baulich Beteiligten bringen mit ihren Worten ihre Sicht der Dinge ein, die unter Umständen nachdrücklich als objektiv oder als Sachzwang herausgestellt wird. Verschiedene Sprach- und Logikwelten stoßen, bezogen auf einen bestimmten Sachverhalt, aufeinander. Dazwischen agiert die Gemeinwesenarbeit und muss sich verorten.
In dem hier beschriebenen Projekt war die Verortung im Grundsatz von Anfang an strukturell und konzeptionell festgelegt. Ein extra gegründeter Bewohnerverein, dessen Vorstand ebenfalls aus Bewohnern besteht, ist Arbeitgeber mit Dienst- und Fachaufsicht inzwischen über sieben soziale Fachkräfte auf fünfeinhalb Stellen.
Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist aber auch die Tatsache, dass die jährlichen Gesamtkosten von ca. einer halben Million DM die Kommune trägt. Da liegt die Gefahr nahe, dass das Motto gilt: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Die hauptamtlich betriebene fachliche Arbeit ist mithin angesiedelt zwischen Baum (Kommune) und Borke (Bewohnerverein). Das ist zunächst eine schwierige Ansiedlung, die aber fachlich optimal sein kann, sie fortlaufend reflektiert gehandhabt wird. Vonseiten professioneller Sozialer Arbeit ist dazu mindestens zweierlei notwendig:

  1. Eine eigene - sozialarbeiterisch geprägte - Sicht auf die in der Diskussion befindlichen Angelegenheiten. Diese Sicht der hauptamtlichen Mitarbeiter sollte nach allen beteiligten Seiten hin so kommuniziert werden, dass da für in den Aushandlungsprozessen Aufmerksamkeit entsteht. Es geht um die Einspielung einer eigenen fachlichen Rationalität in die jeweiligen Auseinandersetzungen sowohl innerhalb der Bewohnerschaft als auch zwischen ihr und der kommunalen Administration. Diese Rationalität sollte wissenschaftlich, methodisch-praktisch und ethisch begründet werden können.
  2. Der sensible Umgang mit Macht. In der Gemeinwesenarbeit verfügen die hauptamtlichen Akteure zumeist nur über Macht in Form von Kommunikation. Eine andere Macht ist ihnen im Rahmen ihres Arbeitsauftrages oft nicht zugeschrieben.

Systemtheoretisch lässt sich Macht als ein Medium im Rahmen von Kommunikation betrachten. Nach dem Soziologen Max Weber ist Macht die Summe der Möglichkeiten, um eigene Absichten durchzusetzen bzw. die der anderen zu kontrollieren oder zu verhindern. Im Rahmen von GWA-Projekten spielt der Machtaspekt häufig eine große Rolle. Gemeinwesenarbeiter können zumeist nur mit kommunizierter Analyse- und Definitionsmacht operieren. Diese ergibt sich aus ihrem professionellen Wissen und Können. So können sie von ihrer professionellen Warte aus die folgenden Fragestellungen einbringen: Was ist weshalb ein Problem? Was müsste weshalb und wozu getan werden? Was ist warum und wozu auf Wirksamkeit hin zu überprüfen?
Das Einbringen von „nur" sozial-fachlich begründeten Einschätzungen und Forderungen ist in machtvollen Auseinandersetzungen nicht unbedingt ein beeindruckendes Potenzial. Über geschickte Rhetorik, gekoppelt an eine reflektierte Kommunikationsstrategie, kann Überzeugungskraft gewonnen werden.
In der Stadtteilarbeit bringen zum einen Bewohner und zum anderen Vertreter von politischen und administrativen Systemen eigene Machtquellen ins Spiel. Bewohner können auf Betroffenenmacht und Wählermacht zurückgreifen, indem sie sich als Leidtragende und als Experten ihrer eigenen Lebens- und Wohnsituation sowie als politische Wahlstimmen definieren. Das politische und administrative System bringt seine kodifizierte Macht und sein eigenes Expertentum sowie seine Verpflichtung für das städtische Gesamtwohl - und nicht nur für das zur Rede stehende Quartier - ins Spiel. Zwischen Bewohnermacht und der öffentlichen Macht bewegt sich Gemeinwesenarbeit.
Macht wird über bestimmte Formen und Inhalte von Kommunikation zum Ausdruck gebracht. Bewohner artikulieren sich dabei anders als Vertreter öffentlicher Funktionssysteme. Es bestehen unterschiedliche Argumentations- und Verhaltenslogiken, die auf verschiedenen Sinnsystemen basieren. Somit ergibt sich ein Kommunikationsproblem. Gemeinwesenarbeiter sollten aufgrund ihrer Ausbildung und Praxiserfahrung beide Sinnsysteme aus sich heraus verstehen können. Die Lebenswelt der Bewohner und die Rationalität öffentlicher Funktionssysteme sowie die Art und Weise, wie hier und dort kommuniziert wird, sollte Gemeinwesenarbeitern in gleicher Weise vertraut sein. Ist das in etwa gegeben, können sie als eine intermediäre Verständigungsbrücke fungieren. In dieser Funktion wächst ihnen selbst Macht zu. Denn erst einmal können nur sie dafür sorgen, dass die beiden Seiten miteinander zu kommunizieren versuchen. Gemeinwesenarbeiter bieten dabei nicht nur reine Dolmetscher- und Moderationsdienste an. Ihre sozialarbeiterische Fachlichkeit kommt ebenfalls ins Spiel. Diese soll dazu beitragen, dass nachdrücklich auch Gesichtspunkte beachtet und verhandelt werden, die beide Seiten nicht im Blick haben, obwohl sie wichtig sind. Dabei kann es sich um bestimmte Bewohnergruppen handeln, die sich nicht selbst artikulieren können (z.B. Kinder, geistig behinderte Menschen, ausländische Mitbürger) oder es kann um nicht beachtete Folgewirkungen bestimmter ins Auge gefasster Entscheidungen und Vorgehensweisen gehen. GWA sollte sich sowohl gegenüber der aktiven Bewohnerschaft als auch gegenüber den öffentlichen Funktionssystemen in der Grundhaltung als anregender und kritischer Resonanzboden verstehen. Die eigene fachliche Professionalität gebietet das und legitimiert dazu. Somit stellt die sozialarbeiterische Fachlichkeit der Gemeinwesenarbeiter einen eigenen Machtfaktor dar. Wirksam wird dieser allerdings erst dann, wenn er kommuniziert wird. Dazu steht dem Gemeinwesenarbeiter nur die Handhabung einer gut reflektierten Informations- und Kommunikationspolitik zur Verfügung. Diese wiederum reduziert sich auf eine gewisse Analyse- und Definitionsmacht sozialarbeiterischer Ausprägung. Das ist nicht viel, aber - gekonnt kommunikativ - auch nicht wenig.
Gewichtig wird diese Form von Macht gegenüber den Akteuren der beiden anderen Seiten dadurch, dass sie auf keinen eigennützigen pro-domo-Effekt abzielt, kein Eigenvorteil damit erreicht werden soll, außer, dass man einen möglichst guten Job machen und dadurch Anerkennung erlangen will. Aber das ist ja in jedem anderen Beruf auch so und damit legitim.


2. Was ist an diesem GWA-Projekt systemisch?

Systemisch orientierte Praxis wird unter anderem mit folgenden Begriffen charakterisiert:

  • Ganzheitlichkeit und Kontextorientierung,
  • Selbstorganisation,
  • Ressourcen- und Lösungsorientierung,
  • Änderung eingefahrener Wahrnehmungsmodalitäten.

Legt man diese Begriffe zugrunde, dann handelt es sich bei dem skizzierten Projekt um einen systemischen GWA-Ansatz.
Ganzheitlichkeit und Kontextorientierung sind in diesem Projekt ein bestimmendes Merkmal, da die bauliche Sanierung und die verschiedenen sozialen Begleitmaßnahmen als zwei aufeinander abgestimmte Seiten eines Gesamtprojekts begriffen werden. Es besteht ein enges Zusammenspiel zwischen verschiedenen professionellen Akteuren - Architekten, Stadtplanern, Ökonomen, Gemeinwesenarbeitern und Sozialpädagogen -, die in unterschiedlichen Einrichtungen verankert sind und sich regelmäßig mit Bewohnervertretern und Kommunalpolitikern im Sanierungsbeirat zusammenfinden. Selbstorganisation drückt sich über eine ausgeprägte partizipative Beteiligung von betroffenen Bewohnern aus. Es besteht eine demokratisch legitimierte Beteiligungsstruktur. Für jeweils zwei Jahre wählen die Bewohner des Quartiers einen zehnköpfigen Sprecherrat. Die Wahlbeteiligung liegt regelmäßig deutlich höher als bei politischen Wahlen in diesem Stimmbezirk. Daneben besteht eine fest etablierte diskursive Beteiligungsstruktur. Zu allen Fragen und anstehenden Entscheidungen, die von allgemeinem Interesse sind, werden Bewohnerversammlungen, manchmal auch Befragungen durchgeführt. Die hier festgestellten Mehrheitsmeinungen stärken und binden den Sprecherrat und die Ausrichtung der Arbeit der hauptamtlichen Fachkräfte des Stadtteilbüros und der Quartiersarbeit. Als besondere Beteiligungsform ist die Mitbestimmung der Nachbarn bei der Neubelegung von Wohnungen hervorzuheben.
Der Träger des Stadtteilbüros, der Quartiersarbeit und der Spieloffensive ist ein eingetragener Verein, dessen Vorstand aus gewählten Bewohnern des Stadtteils besteht. Er übt als Arbeitgeber die Dienst- und Fachaufsicht über die hauptamtlich angestellten sozialen Fachkräfte aus. Auch hierdurch wird Selbstorganisation sichergestellt. Als besondere Form der Selbstorganisation ist die Mitbestimmung der Wohnungsnachbarn bei der Neubelegung von Wohnungen zu nennen.
Nachhaltige Ressourcen und Lösungsorientierung setzt systemisch einen professionellen Blick auf das betreffende soziale Feld voraus. Dieser ist auf Strukturen ausgerichtet und nicht an bestimmte Personen gebunden.
Gemeinwesenarbeit ist Strukturarbeit, aber ohne Beziehungsarbeit im Feld nicht realisierbar. Dennoch muss Strukturarbeit das primäre Merkmal von GWA sein. Strukturelle Verbesserungen und Lösungen dürfen sich nicht auf bestimmte Einzelpersonen stützen, denn diese sind eventuell nicht auf Dauer verfügbar. Nachhaltigkeit muss über Strukturarbeit erreicht werden. Sie ist zwar in der Gemeinwesenarbeit auf Menschen in Beziehungen angewiesen, aber diese sollten als prinzipiell austauschbar angesehen werden. Ein von Betroffenen in Angriff genommenes Wohngebietsproblem darf nicht deshalb auf die Seite gelegt werden, weil die in der betreffenden Angelegenheit bislang in einem Arbeitskreis engagierten Bewohner aus privaten Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine nachhaltige GWA sorgt über die strukturelle Pflege von Interaktionssystemen dafür, dass gewichtige Anliegen dauerhaft auf der Agenda eines Gemeinwesens bleiben. In dem skizzierten GWA-Projekt existieren eine Reihe von Arbeitskreisen schon viele Jahre. In einigen ist kein Mitglied aus den ersten Jahren mehr tätig. Dennoch wird hier weiterhin wirksam gearbeitet. Das Ende komplexer und langfristig angelegter GWA-Projekte darf sich nicht von persönlichen, psychischen und biografischen Gegebenheiten der einzelnen Akteure abhängig machen. Aus einer systemischen Sicht von GWA sind Einzelindividuen psychische Systeme, die, anders als in der psychosozialen Einzelhilfe und sozialtherapeutischen Gruppenarbeit, eher als Randfaktoren Interesse finden. Stattdessen fokussiert der systemische Ansatz in der Gemeinwesenarbeit auf die Aktivierung von Interaktionssystemen. Für diese Systeme sind - aus der Sicht der GWA - psychische Systeme Umweltsysteme zu den jeweiligen Interaktionssystemen.
Nicht von einer personen-, sondern von einer strukturell-interaktionell orientierten Sichtweise das professionelle Handeln zu bestimmen, fällt oft nicht leicht. Aber nur um diesen Preis ist eine nachhaltige Gemeinwesenarbeit zu erreichen.
Eine nachhaltige Ressourcen- und Lösungsarbeit ist im sozialen Feld viel schwerer herzustellen als zum Beispiel im baulichen Bereich. Hier konnte im Sanierungsprojekt über umfangreiche Wärmedämmmaßnahmen eine erhebliche Emissionsreduzierung des im Stadtteil befindlichen Heizwerkes und für Bewohner eine deutliche Heizkostenersparnis erzielt werden. Das „Soziale" in einem Wohnquartier dieser Art unterliegt einem ständigen dynamischen Veränderungsdruck, der von einem Zusammenwirken verschiedenster Faktoren auf der Makro-, Meso- und Mikroebene gespeist wird. Nachhaltigkeit im „Sozialen" trotz zunehmender Mobilitätserscheinungen in der Bewohnerstruktur und im Lebensverhalten der Bewohner suchen wir quasi durch eine Gegenstruktur zu sichern. In der zwölfjährigen Arbeit des Forums Weingarten 2000 e.V. und seines Stadtteilbüros gibt es zwei leitende Handlungsprinzipien hinsichtlich Nachhaltigkeit:

  1. Partizipative Beteiligungsstrukturen für Bewohner traditionalisieren und sie somit eine Selbstverständlichkeit werden lassen. Das ist gelungen.
  2. Die Philosophie des Empowermentansatzes als ständiges beidseitiges „Lernprogramm" im Zusammenwirken zwischen Hauptamtlichen und Bewohnern mitschwingen lassen. Partizipative Beteiligung wird Bewohnern nicht nur angeboten, sie wird in allen wesentlichen Belangen konsequent von den Hauptamtlichen auch eingefordert.

Die Forderung nach Änderung eingefahrener Wahrnehmungsmodalitäten, um zu innovativen Veränderungen mit zum Teil besseren Systemqualitäten zu gelangen, darf GWA nicht nur als losen Appell an Beteiligte richten, sondern sie muss diese im Rahmen neu konstruierter Kommunikations- und Handlungszusammenhänge auch real und praktisch einfordern. Zum Beispiel wird den betroffenen Bewohnern ein Experten-Status in einer sehr komplexen und komplizierten baulichen und sozialstrukturellen Materie nicht nur eingeräumt, sondern ihnen auch abgefordert. Daneben war als nicht minder schwere Aufgabe zu leisten, die professionellen Bau-, Finanz-, Politik- und Sozialexperten dazu anzuhalten, sich auf die Lebenswelt, Kommunikationsform und „Eigen-Logik" von Bewohnern einzulassen und die „Profis" davon abzuhalten, ihre „Fach-Logik" durchzuziehen. Letztlich besteht die Innovation in einem gemeinsamen langjährigen Lernprozess, bei dem engagierte Bewohner auch ihre persönliche Handlungskompetenz erweitert und die „Profis" den generalisierbaren Lerngewinn erworben haben, dass auch mit denen „da unten in der Krozinger Straße" - zwar manchmal mühsame, aber letztlich effektive und effiziente - partizipative Beteiligungsformen nicht nur möglich sind, sondern sogar mehr Freude bereiten können, als nur vom Schreibtisch aus zu agieren.


3. Gemeinwesenarbeit und systemischer Ansatz - Schritte der Annäherung

In Theorie und Praxis der sozialen Arbeit finden systemische Erkenntnisse und Erklärungen zunehmend Beachtung. Für GWA scheint das überwiegend nicht zu gelten. Vermutlich spielt hier ein genereller und ein spezieller Aspekt eine Rolle.
Generell lässt sich der Gemeinwesenarbeit ein Theoriedefizit unterstellen. Bisher haben sich keine fundierten GWA-Theorien von größerer Reichweite herausgebildet. Ein Blick auf die anderen in der sozialen Arbeit gängigen methodischen Arbeitsformen (Einzelhilfe, Familienberatung, Gruppenarbeit) zeigt, dass diese ihre Theoriegehalte aus wissenschaftlichen Disziplinen und aus daraus abgeleiteten Beratungs- und Therapiekonzepten beziehen. Gemeinwesenarbeit verfügt bislang nicht über einen solch reichhaltigen Theoriezufluss.
Die genannten anderen Arbeitsformen werden auch in anderen helfenden Berufen, die über einen vollakademischen Status verfügen, praktiziert. Damit sind sie direkt angekoppelt an einen Wissenschaftsbetrieb. Gemeinwesenarbeit ist dagegen ein mehr oder weniger originäres Gewächs der Sozialen Arbeit, der es in ihrer ca. 100-jährigen Professions- und Ausbildungsgeschichte bekanntlich noch nicht gelungen ist, sich zu einer allseits anerkannten eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin mit einer eigenen Forschungs- und Theorieproduktion zu entwickeln. So ist in der GWA-Diskussion immer wieder zu hören, sie müsse sich aus der engen Umklammerung durch die Soziale Arbeit befreien. Mit der Ausrufung von GWA nicht nur als Methode, sondern als allgemeines Arbeitsprinzip sozialer Arbeit, hat GWA ihrerseits versucht, Soziale Arbeit zu umklammern und sich somit selbst an sie zu binden.
Gemeinwesenarbeit versucht, ihr Theorieproblem mit „Praxeologien" zu kompensieren, indem Erfahrungen aus der praktischen Arbeit generalisiert werden. Damit kultiviert sie eine gewisse Theorieabstinenz. Neben diesem generellen Theorieproblem der GWA scheint es auch ein spezielles Hindernis zu geben, sich dem systemischen Ansatz zu nähern. Gegenüber anderen Arbeitsformen in der Sozialen Arbeit zeichnet sich GWA durch ihre vorherrschende Feldorientierung aus, während ansonsten die Fallorientierung im Vordergrund steht. Der Einzel-, Familien- oder Gruppenfall lässt sich aus einer systemischen Perspektive viel leichter erfassen als ein Feld in Gestalt eines Wohnquartiers oder eines ganzen Stadtteils. Auch dann, wenn primär ein kategorialer oder funktionaler GWA-Ansatz im Territorium betrieben wird, bleibt dieses systemische Erfassungsproblem. Das Wohn- und Wohnumfeld lässt sich im Sinne der Theorie sozialer Systeme nicht als ein System beobachten und beschreiben. Dem Feld fehlen an Systemeigenschaften bei genauerer Betrachtung mindestens die operationale Geschlossenheit und die Selbstreferenz, also eine vom Beobachter identifizierbare Systemidentität.
Das von der GWA in den Blick genommene Feld lässt sich adäquater erfassen als Zusammensetzung verschiedener kommunikativer Wirklichkeiten, die durch spezifische soziale Gegebenheiten geprägt sind. Weil das von der GWA erfasste Feld weder als ein nur vielfältig zusammengesetztes informelles Interaktionssystem noch als überwiegend formelles Funktionssystem plausibel erschlossen werden kann, übt die systemische Perspektive zunächst keinen besonderen analytischen und operativen Anreiz auf die GWA aus.
Wenn der theoretische Wille besteht, metaperspektivisch auf eine höhere Stufe zu steigen, erschließen sich allerdings aus systemischer Sicht durchaus gewichtige analytische und operative Anregungen. Innerhalb der bunten Fülle kommunikativer Wirklichkeiten eines Feldes lassen sich natürlich Systeme identifizieren und damit systemische Handlungsansätze für GWA.
Es gibt einerseits erfassbare einzelne informelle Interaktionssysteme innerhalb der Bewohnerschaft und andererseits gibt es Organisationssysteme mit jeweils spezialisierten Funktionen (z.B. Kindergarten, Schule, Kirchengemeinde, Vereine, soziale Einrichtungen, Polizeiposten etc.). Sowohl die informellen bewohnerschaftlichen Interaktionssysteme als auch die formellen Organisationssysteme wirken prägend auf die kommunikativen Wirklichkeiten des Feldes. Woraus sich wiederum Rückkoppelungsprozesse mit spezifischem Gehalt auf bestimmte Systeme ergeben. Diese zirkulären Rückkoppelungsprozesse sind weder eindeutig analysierbar noch gezielt von außen (z.B. durch GWA) in eine bestimmte Richtung beeinflussbar.
Die bewohnerschaftlichen Interaktionssysteme definieren ihre jeweilige Systemidentität über Abgrenzungen zu anderen Interaktionssystemen: „Wir sind wir, die sind die". Diese Abgrenzungen erfolgen über systemintern und systemextern kommunizierte Moral-, Norm- und Wertvorstellungen. Diese wollen sie nicht nur für sich gewahrt wissen, sondern möchten sie eventuell auch gegenüber anders denkenden und handelnden Interaktionssystemen durchsetzen.
Durch räumliche und soziale Nähe stoßen dabei Systeme gelegentlich oder ständig konflikthaft aneinander. Es ergeben sich belastende bzw. belastete Nachbarschaften und damit ergibt sich ein Aufgabenfeld für GWA. Die formellen Organisationssysteme innerhalb eines Gemeinwesens definieren und inszenieren ihre jeweilige Systemidentität über ihre spezifischen „Programme". Deren programmatische Grundlagen erschaffen sie zumeist nicht selbst, sondern beziehen sie aus ihnen übergeordneten gesellschaftliche Teilsystemen, zum Beispiel aus dem Bildungs- Gesundheits-, Politik-, Rechts-, Wirtschafts-, Religions-, Kunst- oder Wissenschaftssystem.
Die Organisationssysteme innerhalb eines Feldes beeinflussen zum einen einzelne informelle Interaktionssysteme und zum anderen kommunikative Wirklichkeiten im Feld. Auch hier besteht kein lineares, sondern ein zirkuläres Ursache-Wirkungs-Geschehen. So wirkt zum Beispiel das Organisationssystem Schule auf all die Familiensysteme ein, in denen sich ein Schulkind befindet. Aber auch Familiensysteme wirken auf die betreffende Schule im Feld ein, zum Beispiel, indem sie es mit dem regelmäßigen Schulbesuch und der Hausaufgabenerledigung ihrer Kinder nicht so genau nehmen. Die Schule reagiert darauf in irgendeiner Weise. Worauf dann wieder die betreffenden Familien reagieren und darauf wiederum die Schule usw. Dadurch wird unter Umständen auch die kommunikative Wirklichkeit des Stadtteils beeinflusst, indem zum Beispiel die Schule das Thema "Brennpunkt Schule" in den Stadtteil hinein kommuniziert und Schulsozialarbeit einfordert. Eltern und Schulkinder kommunizieren - möglicherweise ebenfalls öffentlich - die Schule unter dem Thema „unfähige Lehrer und unmöglicher Rektor".
Das Organisationssystem Schule mit der Macht des Schulgesetzes und mit der Definitionsmacht über schulische Leistungen im Rücken muss unter Umständen feststellen, dass diese Machtmittel bei Eltern und Schüler zum Teil keine Wirkung zeigen, sehr wohl aber das im Stadtteil anschwellende und anhaltende „Gerede" über die „schlechte Schule" auf die betreffende Schule einwirkt. Zum Beispiel stellen Lehrer entnervt Anträge auf Versetzung oder Eltern versuchen, ihre Kinder woanders unterzubringen, wodurch die Zahl der Schüler zurückgeht, was sich negativ auf die Finanzzuweisung für die betreffende Schule auswirkt. An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass aus systemischer Perspektive der Faktor Macht sehr differenziert betrachtet werden muss. Definitions- und Handlungsmacht liegen nur auf den ersten Blick beim Schulsystem.


4. Zwischen den Stühlen - der Standort der Gemeinwesenarbeit

Wenden wir uns nun der schwierigen Frage zu, welchen „systemischen Ort" Gemeinwesenarbeit im Feld einnimmt. Professionell betriebene GWA ist ein funktionsspezifisches Leistungsangebot eines formellen Organisationssystems.
Damit gesellt sich Gemeinwesenarbeit auf horizontaler Ebene zu anderen im Feld befindlichen Organisationssystemen. Im Zusammenhang mit bestimmten Problemen im Feld gibt sich GWA unter Umständen aber eine vertikale „Vormachtsstellung" gegenüber den anderen Organisationssystemen. So könnte GWA in dem oben beschriebenen Beispiel auf den nicht abwegigen Gedanken kommen, zum Thema Schule eine Stadtteilkonferenz zu veranstalten. Dazu eingeladen werden Vertreter aus Schule, Elternschaft, Schülermitverwaltung, sozialen Einrichtungen, lokalen Vereinen etc. Aus den Reihen der Eingeladenen könnte auf die Einladung zu einer Stadtteilkonferenz die Reaktion kommen (insbesondere von der Schule) „Mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten ein! Woher nehmt ihr Gemeinwesenarbeiter überhaupt das Recht, dieses Problem aufzugreifen?" Die Frage nach dem Recht ist für GWA unangenehm. Sie hat eindeutig ein rechtliches Legitimationsdefizit. Es gibt kein Bundes- oder Landesgesetz, aus dem sich GWA explizit als Leistungsangebot an Bürger ableiten lässt. Im Rahmen der allgemeinen kommunalen Daseinsvorsorge kann das kommunale Politiksystem darüber befinden, ob in einem bestimmten Stadtteil oder Wohnquartier GWA notwendig ist und damit auch Zugang zu Finanzierungsquellen aufschließen.
GWA ist somit an das kommunale Politiksystem gekoppelt und davon abhängig.
GWA nimmt für sich aber fachlich in Anspruch, mit Bewohnern kommunalpolitische Einmischungsstrategien zu bestimmten Angelegenheiten, die als beeinträchtigendes Problem angesehen werden, zu entwickeln. Damit kann GWA in den Augen des Politiksystems als unbequem, lästig oder gar als finanziell nicht mehr tragbar eingestuft werden. Ein Gegengewicht zu der politischen und finanziellen Abhängigkeit liegt in den zu aktivierenden Ressourcen von Bewohnern, indem deren gemeinschaftliche Machtpotenziale ins Spiel kommen. Auf die kann GWA aber nur dann bauen, wenn GWA von Bewohnern als nützlich angesehen wird. Ihren Nutzeffekt muss sie über professionelle Parteilichkeit mit und gegenüber Bewohnern glaubwürdig legitimieren. Aber mit dieser Parteilichkeit stellt sich GWA immer wieder auch widerborstig gegen Mehrheiten im lokalen Politiksystem.
GWA befindet sich in einer doppelten Abhängigkeit. Es besteht eine finanzielle Abhängigkeit nach außen und eine bewohnerschaftliche Einschätzungsabhängigkeit nach innen zum Feld hin.
Wie kann sich GWA in diesen Abhängigkeitsverhältnissen zur administrativ-politischen und zur bewohnerschaftlichen Seite hin so verhalten, dass ihr von beiden Seiten glaubwürdige Anschlussfähigkeit attestiert wird? Die Antwort ist leichter gesagt als realisiert: Gemeinwesenarbeit muss durch Wirkungen überzeugen, die sie fachlich definiert, kritisch analysiert und evaluiert sowie überzeugend kommuniziert.
Wirkungen kann Gemeinwesenarbeit aber nur erzielen, wenn sie beide Seiten einbezieht und miteinander in Kontakt bringt. Systemtheoretisch lässt sich das als Kopplung bezeichnen. Ein wesentlicher Teil von GWA besteht darin, zu bestimmten Zwecken zwischen unterschiedlichen Systemen Kopplungen verschiedener Art herzustellen.
Systemtheoretisch wird zwischen mehreren Kopplungsformen unterschieden. Der damit verbundene theoretische Erklärungsgehalt soll hier nicht näher dargelegt werden. Stattdessen soll eine Übertragung auf die Praxis erfolgen.

  1. Lose Kopplung:
    GWA bringt Vertreter verschiedener Systeme zu bestimmten Fragen und Problemen zu einem oder mehreren Gesprächen an einen Tisch. Unterschiedliche Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Interessen sollen dadurch auf den Tisch kommen, die sich auf eine bestimmte Angelegenheit beziehen. Ein Beispiel: Hausgemeinschaften in einem hochverdichteten Wohngebiet fühlen sich zu später Abendstunde durch den Lärm mehrerer, zum Teil untereinander rivalisierender, Cliquen von Jugendlichen terrorisiert. Die Jugendcliquen fühlen sich im Wohngebiet nirgendwo geduldet, außer in dem viel zu kleinen pädagogisch betreuten Jugendtreff. GWA bringt die gewählten Vertreter der Hausgemeinschaften, Abgeordnete der Jugendcliquen und die Jugendtreffmitarbeiter an einen Tisch. Von diesem Gespräch kann man sich keine allseits zufriedenstellende dauerhafte Lösung erhoffen, da eine solche realistisch-objektiv nicht möglich ist. Dennoch können solche Gespräche einen gewissen - oft vorübergehenden - Effekt haben. Unter Moderation des Gemeinwesenarbeiters teilen sich die verschiedenen Seiten gegenseitig ihre Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Interessen in der betreffenden Angelegenheit mit und irritieren sich damit gegenseitig. Im besten Fall entsteht dadurch ein - vorübergehendes - besseres Verstehen der anderen Seite verbunden mit etwas mehr Rücksichtnahme und Toleranz wenigstens für eine gewisse Zeit.
  2. Feste Kopplung:
    Vertreter verschiedener Systeme werden im Rahmen eines gemeinsam geteilten Problemkontextes zusammengeführt, um in einem Bündnis miteinander ein bestimmtes Anliegen aus unterschiedlichen Perspektiven gemeinsam zu verfolgen, zum Beispiel wird ein Runder Tisch zur Kriminalprävention im Stadtteil etabliert.
  3. Operative Kopplung:
    Vertreter verschiedener Systeme gehen miteinander ein „Geschäft" ein, indem sie in einen geregelten Austausch von „Gütern" zum beidseitigen Nutzen treten.

Beispiel: Die Vermietungsgesellschaft hat wegen des schlechten Rufes eines sozial belasteten Wohngebiets in der Stadt größere Wohnungsleerstände, die sie sich finanziell nicht leisten kann. Die Bewohnerschaft hat ein hohes Interesse daran, dass möglichst sozial stabile Mieter in leer stehende Wohnungen einziehen. Gemeinwesenarbeiter entwickeln ein differenziertes Konzept nachbarschaftlicher Mietermitbestimmung bei Wohnungsneubelegungen und einen Katalog von Ausschlusskriterien für bestimmte Wohnungsbewerber. GWA wirbt für dieses Konzept in der Bewohnerschaft sowie auf der politisch-administrativen Seite und findet verhaltenen Anklang. Das Konzept sieht vor, dass sowohl die Vermieterseite als auch die Mietnachbarn je spezifische Operationen erbringen und über den Knotenpunkt GWA zusammenwirken müssen, ohne in eine direkte Gesprächssituation zu kommen.
Beide Seiten haben von dieser operativen Kopplung einen je für sich wichtigen Gewinn, der aber nur um den Preis eines nicht unerheblichen beidseitigen Aufwandes zu haben ist. Aufgabe von GWA ist, diesen Aufwand immer wieder konkret einzufordern, indem sie ständig auf die praktische Realisierung des miteinander vereinbarten Konzepts achtet. Die systemische Verortung von GWA zwischen den verschiedenen bewohnerschaftlichen Interaktionssystemen, die konflikthaft aneinander stoßen, ist in der Regel durch eine intermediäre Funktion gekennzeichnet. Die dabei eingenommene Moderationsfunktion ist nicht neutral, sondern charakterisiert sich durch eine nach allen Interessenseiten ausgerichtete Vielparteilichkeit bzw. Allparteilichkeit. Das allseitige Verstehen und Verständnis ist gesteuert von möglichst fairem Interessenausgleich. Bestimmte Interessen wird GWA allerdings offensiv zurückweisen. Besonders dann, wenn sie faschistisch, rassistisch oder sexistisch geprägt, mit verbrieften Menschenrechten und der Menschenwürde nicht vereinbar sind. Wirksame GWA basiert zu einem guten Teil auf einer ausgeprägten Selbstreflexivität, die über Moral-, Wert- und Normenvorstellungen verfügt und diese auch öffentlich kommuniziert und in einigen Eckwerten auch nicht in Frage stellen lässt.
Im Verhältnis zwischen Bewohnerschaftsinteressen und Interessen des kommunalen politisch-administrativen Systems ist primär eine professionelle Parteilichkeit für Bewohneranliegen das Standbein von GWA. Mit dem Spielbein kann auch eine intermediäre Funktion und Rolle notwendig werden, um über ein besseres gegenseitiges Verstehen und Verständnis Grundlagen für eine lösungsorientierte Kommunikation zu schaffen. Aus Sicht der Bewohner sollte das intermediäre Spielbein der GWA letztlich ihnen den Ball zuspielen, da die andere Seite aufgrund ihrer Professionalität eigentlich einer höheren Liga angehört.
Die zum Teil mehrfachen Funktionen und Rollen in der GWA verlangen ihren professionellen Akteuren eine ausgeprägte Ambiguitätstoleranz ab, das Aushalten und Gestalten von uneindeutigen und deshalb mehrfach interpretierbaren Situationen.
GWA besteht immer wieder auch in riskanten Gradwanderungen zwischen verschiedenen Kräften und Interessen unterschiedlicher Systeme.


5. Bewohner-Aktivierung als gezielte Verstörung

Gemeinwesenarbeit ist ohne bewohnerschaftliches Engagement nicht möglich. Aber wie lässt sich dieses Engagement wecken und fördern? Diese Frage bewegt die Hauptamtlichen in GWA-Projekten mehr oder weniger ständig. Eine einfache rezepthafte Antwort gibt es nicht. In der neueren systemischen Beratung und Therapie lautet eine wichtige Grunderkenntnis: Psychische und soziale Systeme sind von außen nicht gezielt instruierbar (zumindest nicht mit humanen Mitteln). Sie sind allenfalls von außen verstörbar. Eine geschickt angestellte Verstörung bewirkt eventuell im System ein Nach- und Überdenken zu einer von außen aufgeworfenen Frage, Bitte oder Aufforderung. Wie das System mit diesem verstörenden Input umgeht und welche Folgerungen es daraus für sich zieht, hängt von den Denk- und Handlungslogiken des betreffenden Systems ab. Folgen wir dieser systemischen Erkenntnis, lässt sich somit auch aktives bewohnerschaftliches Engagement für eine bestimmte Angelegenheit im Wohngebiet nicht gezielt wecken. Denn aktives Engagement basiert auf einer sehr persönlichen Motivation, die einerseits von außen nicht gezielt herbeigeführt werden kann und andererseits - wenn sie für eine bestimmte Sache vorhanden ist - von Person zu Person zum Teil sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.
Aktivierende Gemeinwesenarbeit kann bei potenziell Aktiven keine klar gerichtete Motivation für ein bestimmtes Engagement hervorbringen. Stattdessen kann GWA überlegte methodische Versuche unternehmen, an eventuell bereits latent vorhandenen Motivationen anzukoppeln. Bildlich gesprochen ist das eine Schlüssel-Schloss-Frage. Dabei stellt sich zuerst einmal die Schlossfrage. Welche Verriegelungsarten liegen bei Bewohnern vor, die ein spontanes Engagement verschließen? Wie noch zu zeigen sein wird, können diese Verriegelungen recht unterschiedlich aussehen. Ein GWA-Profi, der meint, das sei nur die Frage des richtigen Generalschlüssels, ist in einem zu einfachen einlinigen Denk- und Handlungsmuster verfangen. Er verkennt, dass die Schlüssel-Schloss-Frage eine zum Teil individuelle psychologische Vorgehensweise erfordert.
Bewohner eines Quartiers mit vielen gemeinsamen sozialen Merkmalen einer Milieuverbundenheit und in etwa in gleichem Ausmaß von einer bestimmten Wohngebietsproblematik betroffen (z.B. Müll, Verkehr, hohe Mietnebenkosten), können sehr unterschiedlich auf ein aktivierendes GWA-Projekt, das Engagement einfordert, reagieren.
Es kommen zwei unterschiedliche Sichtweisen ins Spiel. Der GWA-Profi lenkt zunächst einmal seinen Fokus auf die Menschen innerhalb eines Sozialraumes, die von einer problematischen Angelegenheit in etwa in gleicher Weise betroffen sind. Seine Einstellung: Wer sich dagegen nicht aktiv wehrt, lebt verkehrt. Zumal professionelle Begleitung zu einer kollektiven Gegenwehr angeboten wird.
Die Betroffenen als Individuen folgen anderen Eigenüberzeugungen, an denen sie die Frage entscheiden, ob sie dem Aufruf zum persönlichen Engagement folgen wollen. Systemisch ausgedrückt lässt sich sagen, auch Menschen als psychische Systeme und Teile verschiedener sozialer Systeme sind eigengesetzlichen Denklogiken und Handlungsmustern unterworfen. Sie kreisen zuerst einmal selbstreflexiv um sich selbst. Das Müll- oder Verkehrsproblem, die unzureichende Versorgung mit Kindergartenplätzen im Quartier mag noch so viel subjektiven Problemdruck auslösen, aber die Beziehungskrise in der Partnerschaft, die drohende Arbeitslosigkeit, die Pflege der Eltern, die Einstellung, doch nichts ändern zu können, sind starke Gegenspieler gegen den GWA-Profi mit seinem gut gemeinten bewohnerschaftlichen Aktivierungsanliegen.
Auf die Frage, wann und wozu sich Menschen in öffentlichen/halböffentlichen Belangen und Bereichen engagieren, lässt sich thesenartig wie folgt beantworten:
Menschen engagieren sich einer nichtprivaten Sache wegen nur unter bestimmten subjektiven Voraussetzungen. Wenn

  1. die Angelegenheit persönlich als wichtig erachtet wird (es muss ein subjektiver Problemdruck bestehen);
  2. die Lösung der Angelegenheit persönlich als möglich angesehen wird (es muss eine subjektive Lösungshoffnung vorhanden sein);
  3. die Mitstreiter persönlich zu einem passen (es muss eine positive Einschätzung zur Herstellung von Verständigung auf der Sach- und Beziehungsebene bestehen);
  4. das Engagement an der Angelegenheit persönlich als interessant angesehen wird (es muss einen gewissen Erlebnischarakter versprechen);
  5. man persönlich ausreichend Zeit zur Verfügung hat (es muss in das persönliche Zeitbudget passen);
  6. die Annahme besteht, man könne persönlich einen willkommenen Beitrag leisten (es muss die Einschätzung bestehen, eigene Kompetenzen einbringen zu können);
  7. man derzeit persönlich keine attraktivere Alternative für ein Engagement auf einem anderen Gebiet sieht (es muss sich nach Durchchecken der Aspekte a.-f. im Vergleich zu anderen Möglichkeiten des persönlichen Engagements eine positive Bilanzierung ergeben);
  8. man den erwarteten persönlichen Eigennutz - alles in allem nochmals abgeglichen mit dem eingeschätzten Aufwand und den auch zu erwartenden persönlichen Frustrationsgefühlen - höher bewertet (wenn diese Gesamtabwägung auf beiden Waagschalen in etwa gleichviel Gewicht bringt, wird der Betreffende nach Entscheidungshilfen suchen). Es sei die Vermutung gewagt, Menschen engagieren sich dann in (halb-)öffentlichen Bereichen, wenn sie die Einschätzung haben, dass dabei ihre persönlichen Liebes- und Machtbedürfnisse eine gewisse Befriedigung erfahren.

Diese individual-psychologisch akzentuierte Vermutung lässt sich auch sozialpsychologisch ausdrücken: Man engagiert sich dann, wenn man sich berechtigte Hoffnungen machen kann, sich dadurch sozial und kommunikativ besser zu platzieren.
Alles in allem verbindet sich mit nicht-privatem Engagement die Hoffnung und Absicht, dadurch einen Gewinn an kleinerem oder größerem subjektiven Lebenssinn zu erfahren.
Wenn dem so ist, beantwortet sich damit teilweise auch die Frage, warum es in Zeiten der Individualisierung von Lebensstilen und Pluralisierung von Lebensformen nicht gerade einfacher geworden ist, Menschen zum bürgerschaftlichen Engagement zu bewegen. Nicht zufällig ist in jeder der oben genannten Thesen das Wort „persönlich" zu finden. Damit soll der hohe Stellenwert des subjektiven Faktors bei der Entscheidung von einzelnen Personen für ein Engagement im (halb-)öffentlichen Bereich zum Ausdruck gebracht werden.
Obwohl der subjektive Faktor von außen nicht gezielt beeinflussbar ist, bestehen dennoch Möglichkeiten, Menschen - wenn auch nicht in jedem Fall - als Mitstreiter für GWA-Aktivitäten zu gewinnen. In den genannten Thesen stecken methodische Hinweise, worauf der GWA-Profi achten sollte, wenn er Bewohnerengagement wecken will. Diese Hinweise verweisen aber auch auf die Notwendigkeit von sozialpsychologischen und motivationspsychologischen sowie gruppendynamischen und gruppensoziologischen Kenntnissen. Solche Kenntnisse müssen sich, wenn sie fruchtbar werden sollen, in sozial-kommunikative Fähigkeiten im Umgang mit Bewohnern eines Quartiers umsetzen. Der GWA-Profi muss schlichtweg auf Menschen zugehen können und dabei den jeweils richtigen Ton treffen. Nochmals die Schlüssel-Schloss-Metapher aufgegriffen, heißt das, mit einem möglichst großen Schlüsselbund ausgestattet zu sein, um zu möglichst vielen Schlössern einen passenden Zugang zu finden. Wobei Zugang zu finden noch nicht heißt, auch Zutritt zu erhalten. Aber einen Fuß in die Tür zu bekommen, kann vielleicht der erste Schritt zum weiteren Zutritt sein. In der systemischen Beratung und Therapie spielt das „Joining" eine große Rolle, also Anschluss und Anpassung des Beraters an das zu beratende System zu finden. Bezogen auf GWA und system-theoretisch betrachtet geht es dabei um Kopplungsversuche des professionellen GWA-Systems an identifizierbare Bewohnersysteme und ihre einzelnen Mitglieder. Wobei sich das GWA-System nicht prostituierend verhalten sollte. Denn ein anbiederndes und andienendes Verhalten weckt bei Bewohnern evtl. den Verdacht, sie seien nur Mittel zu einem eigennützigen beruflichen Zweck der GWA-Akteure. Der Spieß sollte im Prinzip umgedreht gehandhabt werden. Bewohner sollten mit ihren drängenden Wohngebietsproblemen „scharf" darauf sein, das GWA-System für sich als Beratungs- und Begleitungsagentur zu gewinnen. So gesehen ist es nicht ganz unberechtigt, wenn sich GWA gelegentlich von der Vereinnahmung durch Soziale Arbeit befreien möchte, um ein ganz eigenes Image jenseits von fürsorglicher Hilfe und sozialer  Kontrolle zu entwickeln, wie es Sozialer Arbeit immer noch - zum Teil gerechtfertigt - anhaftet.
Dieses eigene GWA-Image zielt derzeit anscheinend auf „Quartiersmanagement" ab. Ein Begriff, der zuerst einmal gut klingt, aber bei näherer kritischer Betrachtung noch ziemlich inhaltsleer erscheint. Das fallorientierte Casemanagement hat sich inzwischen in der Sozialen Arbeit etabliert  und Klienten schätzen weithin diese führende Hilfe durch den komplizierten und komplexen sozialen Versorgungsdschungel bei Problemen von Krankheit, Behinderung und Alter.
Relativ unstreitig ist, dass fachlich kompetentes Casemanagement professionell in der Sozialen Arbeit und bei ihren Berufsvertretern anzusiedeln ist. Beim feldorientierten Quartiersmanagement scheint das noch nicht so sicher zu sein.
Hier wünscht man sich - so der Eindruck - zum Teil wissenschaftlich oder wirtschaftlich orientierte Professionelle.
Beide Präferenzen legen den Verdacht nahe, damit eine Kluft zu den Betroffenen im Quartier und eine Nähe zum Auftrag - und Anstellungsträger der politisch-administrativen Seite herzustellen. Solch ein Ansinnen kontaktiert die allenthalben erhobene politische Forderung nach mehr persönlicher und bürgerschaftlicher Eigenverantwortung und Selbstorganisation.


6. Schluss

Das eingangs vorgestellte GWA-Projekt verlief alles in allem bislang erfolgreich. Ein baulich und sozialstrukturell problematisch gewordenes Wohnquartier mit ca. 2.500 Bewohnern konnte in seiner Abwärtsentwicklung  zum sozialen Brennpunkt aufgehalten werden. Die Wohnzufriedenheit in der Bewohnerschaft hat sich verbessert. Was sich auch in einer Verringerung der Fluktuation und einem nicht mehr vorhandenen Wohnungsleerstand zeigt, obwohl in der Stadt zwei große neue Stadtteile entstehen, in die bereits ca. 7.000 Menschen gezogen sind. Die Gesamtbevölkerung in der Stadt hat sich dadurch nicht erhöht. Das Wohnquartier gehörte über viele Jahre zu den schlechtesten „Adressen" in der Gesamtstadt.
Das hier verfolgte GWA-Konzept beruht auf einigen „essentials", die über die Jahre hinweg - trotz biografisch bedingtem Wechsel unter den Hauptamtlichen - eingehalten wurden. Sie lassen sich folgendermaßen auf den Punkt bringen:

  1. GWA als politische Erwachsenenbildung.
    Die Bewohnerschaft lässt sich auf der Ebene von Politikfähigkeit mehrheitlich mit dem Merkmal der „gelernten Hilflosigkeit" und eines dichotomen Gesellschaftsbildes kennzeichnen („wir da unten können doch nichts gegen die da oben ausrichten; die machen doch, was sie wollen"). Diese Einstellung und Überzeugung konnte vielfach sowohl auf der individuellen als auch kollektiven Ebene mindestens verstört werden. Ein Beispiel: Wenn Bewohner als Mieter nach langen und klug geführten Auseinandersetzungen mit der Vermietergesellschaft am Ende mehrfach erleben, dass ihnen die geforderte Mietminderung wegen sanierungsbedingter Beeinträchtigung der Wohnqualität ohne Einschaltung des Rechtsweges gewährt wird, dann haben sie etwas erfahren, woran sie eigentlich nicht geglaubt haben („wir sind stärker, als wir meinten"). Notwendig dazu ist von GWA-Seite die Vermittlung und Einübung einer politischen und kommunikativen Grundgrammatik in der Auseinandersetzung mit „denen da oben".
  2. Power by the people
    GWA-Profis haben aufgrund ihres fachlichen Wissens, ihres methodisch­praktischen Könnens und ihrer reflexiven Fachkompetenz eine gewisse Analyse-, Diskurs- und Evaluationsmacht, die sie inhaltlich und rhetorisch überzeugend ins Spiel bringen können.
    Auf der politischen Bühne treffen sie dabei unter Umständen auf Gegenspieler, die nicht nur diese Machtinstrumente auch für sich in Anspruch nehmen, sondern zusätzlich über Durchsetzungsmacht verfügen, weil sie ein politisches Mandat innehaben. Auf der administrativen Planungsebene sind GWA-Profis mit Gegenspielern konfrontiert, die über das Medium Geld (Haushaltsmittel) Durchsetzungsmacht besitzen. GWA-Profis verfügen über keine gewichtige Durchsetzungsmacht und sollten sie auch nicht anstreben. Ihre Analyse-, Diskurs- und Evaluationsmacht sollten sie demokratisieren und als Partizipationsangebot an Betroffene weiterleiten. Das sich hierdurch munitionierte Betroffenenengagement muss sich selbst in Durchsetzungsmacht umsetzen. Bewohner sind Wählerstimmen und sie sind die, die mit bürgerschaftlicher Berechtigung gute Wohn- und Lebens- Verhältnisse in ihrem Quartier erkämpfen können. Dazu müssen sie allerdings auch eine kämpferische Bereitschaft entwickeln, die sich nicht nur in Forderungen erschöpfen darf, sondern auch ideelle, zeitliche und eventuell auch materielle Eigenleistungen beinhaltet.
  3. GWA ist kommunikative Beziehungsarbeit
    Trotz der professionell im Vordergrund stehenden feldorientierten Strukturarbeit wollen Menschen im Feld als Individuen mit ihren persönlichen Eigenschaften und ihren soziokulturellen Hintergründen angesprochen werden - auch und gerade in multikulturellen Quartieren, in denen gehäuft materielle Armut zu Hause ist.
    Eine Grundvoraussetzung, damit sich Menschen als Individuen von Profis angesprochen fühlen, ist deren echte und taktvolle Neugier auf sie als Personen mit Eigensinn und als Experten ihrer Wohn- und Lebenssituation.

7. Ausblick

Im Zusammenhang mit der sich anbahnenden Diskussion zur Sozialraumorientierung mit einer Sozialraumbudgetierung und einer Kombination von fall- und feldorientierter Sozialer Arbeit kommt verstärkt auch Gemeinwesenarbeit wieder in den Blick. Aber nicht unbedingt in ihrem parteilichen Gewand für Belange der Betroffenen, sondern eher mit einem sozialtechnologischen Charakter in Form eines Quartiermanagements. Eine solche Ausrichtung lässt sich „gut" systemtheoretisch unterfüttern. Der subjektive Faktor „Mensch" als personales Wesen mit Eigen-Sinn steht dabei in der Gefahr, als „Störgröße" und nicht als „Richtgröße" definiert zu werden.
Hoffnung kann in diesem Zusammenhang eventuell gesetzt werden auf die um sich greifende Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit mit ihrer Umdefinierung von Klienten und Betroffenen in Kunden und - noch besser - in Co-Produzenten eines fall- sowie feldorientierten Hilfe- und Gestaltungsprozesses.
Berechtigt ist diese Hoffnung allerdings nur dann, wenn das politisch-administrative System im kommunalen Feld prinzipiell bereit und kommunikativ in der Lage ist, Macht mit den Betroffenen zu teilen und dabei den Betroffenen Profis an die Seite stellt und finanziert, die von den Betroffenen die Wahrnehmung von Eigenverantwortung einfordern und diese gleichzeitig dazu befähigen.